Der Chronotyp ist eine Ausprägung der inneren Uhr, die viele physiologische und biochemische Prozesse, aber auch bestimmte Verhaltensweisen eines Menschen in Zyklen ablaufen lässt. Festgelegt wird dies in erster Linie durch die individuellen Erbanlagen. In der Bevölkerung liegen die Chronotypen zwischen der extremen Lerche und der extremen Eule.
Bezogen auf die sozialen Zeiten sind die meisten Menschen heutzutage eher Eulen. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Menschen selten Tageslicht sehen. Je schwächer das Licht, desto später ist bei den meisten Menschen die innere Uhr. Da der Chronotypus auch vom Alter abhängt, sind die meisten Jugendlichen als extreme Eulen einzustufen.
Fazit: Je später der Chronotyp, desto größer sind die Probleme, sich an soziale Zeitpläne zu halten. Eulen zeigen damit die größte Differenz zwischen ihren Schlafenszeiten an Arbeitstagen und freien Tagen (social jetlag).
Chronotyp-Studie
Ein Forscherteam rund um Professor Till Roenneberg vom Zentrum für Chronobiologie an der Universität München (LMU), hat in einer Studie die Angaben von mehr als 500 freiwilligen Versuchspersonen zu ihrem Chronotyp, Wohlbefinden sowie Konsum von Nikotin und Alkohol ausgewertet. In dem von Roenneberg und seinen Mitarbeitern konzipierten „Munich ChronoType Questionnaire“, kurz MCTQ, wurde unter anderem nach den tatsächlichen Schlaf- und Wachzeiten, getrennt nach Arbeits- und freien Tagen gefragt, so dass der Chronotyp einer Person bestimmt werden konnte. Dazu kamen Fragen zur Schlafqualität, dem aktuellen und zurückliegenden psychologischen Wohlbefinden sowie zum Konsum von Koffein, Nikotin, Alkohol und ähnlichen Substanzen. „Das gab uns die Möglichkeit, die Verbindung zwischen sozialem Jetlag, Schlafqualität, psychologischem Wohlbefinden und dem Genuss von stimulierenden Substanzen zu erforschen“, so Roenneberg. „Wir konnten zeigen, dass der Konflikt zwischen der biologischen Uhr und der gesellschaftlichen Zeit zu einer chronischen Form von Jetlag führt.“ Die meisten Eulen akkumulieren nicht nur unter der Woche ein Schlafdefizit, sondern berichten auch häufiger von geringer Schlafqualität und Müdigkeit am Tag.
Sozialer Jetlag
“Je stärker der soziale Jetlag, desto mehr greifen Individuen nach Stimulanzien“, berichtet Roenneberg, „desto häufiger sind sie auch Raucher.“ Letzteres erwies sich als besonders auffälliger Zusammenhang. „Nikotin-, aber auch Alkoholgenuss deuten oft auf Schwierigkeiten hin, mit sozialen Anforderungen fertig zu werden“, meint Roenneberg. „Das hat uns zu der Hypothese geführt, dass Schlafprobleme und Nikotinkonsum vor allem dann auftreten, wenn der innere Schlaf-Wach-Rhythmus nicht mit den gesellschaftlichen Zeitplänen übereinstimmt.“ Auch unter Schichtarbeitern, deren Leben selten nach der inneren Zeit ablaufen kann, finden sich signifikant mehr Raucher als unter den Menschen, die zu „normalen“ Zeiten arbeiten. Die starke Korrelation zwischen sozialem Jetlag und Nikotin ist deshalb von besonderem Interesse, weil Raucherkarrieren oft in der Jugend beginnen, also dann, wenn der soziale Jetlag besonders ausgeprägt ist. „Jugendliche, deren innere Uhr Schlafzeiten zwischen zwei und zehn Uhr vorgibt, sind Schichtarbeiter, wenn sie um sechs Uhr – entsprechend ihrer inneren Mitternacht – aufstehen müssen“, meint Roenneberg.
Dies ist aber nur eine mögliche Folge, die Auswirkungen auf das gesamte Leben der Betroffenen haben können. So ist auch bekannt, dass Schüler (Chronotyp Eule) oft weniger gut in der Schule abschneiden, was mit ihrem chronischen Schlafdefizit und der mangelnden Schlafqualität zu tun haben könnte. Auf Dauer kann diese Einschränkung lebenslang das Leistungsvermögen behindern.
Fazit: Heranwachsende und junge Erwachsene würden profitieren, wenn ihre innere Uhr stärker berücksichtigt würde. Dazu gehört unter anderem die Anpassung der Schulzeiten – vor allem bei Jugendlichen. Der soziale Jetlag und seine gesundheitsschädlichen Folgen ließen sich somit durch Änderungen in der gesellschaftlichen Organisation vermeiden.
Quellen: www.euclock.org – www.spiegel.de
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Christoph Hinterberger meint
Bei regelmäßigem Alkohol und Zigarettenkonsum sinkt nach meinem Empfinden die Schlafqualität enorm. Auch der Zusammenhang, dass man meist im Alltag raucht aufgrund von einer unangenehmen Situation trifft wahrscheinlich auf die meisten von uns zu.
Wir leben heutzutage im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten sehr schnell und dabei achten wir immer weniger auf unser Empfinden bzw. Körpersignale. Speziell die Schulzeiten bei Kindern in der Volksschule und Unterstufe gehören komplett neu angepasst.
Das Thema „Gesund Schlafen“ gewinnt immer mehr an Bedeutung, weil viel von der Gesundheit auch davon anhängig ist.
Matthias Leitner meint
Ein Forscherteam des Dillenburger Instituts für Gesundheitsforschung und des schlafmedizinischen Zentrums in Marburg hat für die Studie rund 8800 Jugendliche und junge Erwachsene befragt und herausgefunden, dass sie an Wochentagen im Schnitt weniger als sieben Stunden schlafen. Jeder Fünfte schläft sogar weniger als sechs Stunden pro Nacht. Es sind erste Ergebnisse, die vorab in einem Abstract veröffentlicht wurden. Die gesamte Studie erscheint erst noch.
Studienleiter Manfred Betz rät aber, mindestens eine Stunde länger zu schlafen, gerade junge Menschen brauchten mehr Schlaf. Denn mit Eintritt in die Pubertät verändere sich das Gehirn stark, das Schlafbedürfnis steige dadurch einerseits, andererseits würden Pubertierende dadurch nachts länger wach bleiben.
Betz erklärt den Schlafmangel auch mit dem Medienkonsum der Jugendlichen und dem frühen Schulstart: Sie besäßen die biologischen Voraussetzungen, länger wach zu bleiben, und nutzten daher die Ablenkungen, die Smartphone und Laptop ihnen bieten. Die Übermüdung wird dadurch unterstützt. Auch dass der Unterricht an vielen Schulen – anders als in manchen anderen Ländern – schon um 8 Uhr beginne, führe zu geringerer Leistungsfähigkeit vieler Schüler. Der Schlafmangel ist also quasi programmiert, viele Schüler und Auszubildenden quälen sich täglich aus dem Bett.
62 Prozent der Befragten fühlen sich daher tagsüber nicht ausgeruht und leistungsfähig. Denn zu wenig und nicht erholsamer Schlaf haben einen starken Einfluss auf das Wohlbefinden. Nur eine Minderheit von 17 Prozent fühlt sich demnach beim Aufwachen fit für den Tag. Zu wenig Schlaf gehe oft einher mit psychischen Beschwerden, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden und Fehlzeiten.
Wenn es sich die jungen Leute aussuchen könnten, würden sie bis 8 oder 9 Uhr schlafen. Sie versuchen den Forschern zufolge, das Schlafdefizit durch längeres schlafen am Wochenende zu kompensieren. Die meisten schlafen dann mehr als neun Stunden. Dieser sogenannte „Weekend-Oversleep“ hat allerdings keine ausgleichende erholende Wirkung.
Das Forscherteam habe besonders überrascht, dass jeder Fünfte in den letzten 12 Monaten Schlafprobleme hatte, sich jedoch nur jeder Zehnte deshalb behandeln ließ.