80 % der Patienten mit chronischen Schmerzen leiden auch hochgradig an Schlafstörungen – und zwar sowohl an Einschlaf- als auch an Durchschlafstörungen. Neben den vielfältigen Einschränkungen und gesundheitlichen Belastungen, die im Allgemeinen aufgrund des entstehenden Schlafmangels auftreten, ist die Auswirkung in Bezug auf Schmerzen noch weitreichender. Je schlechter der Schlaf eines Schmerz-Patienten ist, desto gravierender empfindet er sein Leiden.
Lt. Univ. Prof. Dr. Christoph Pieh (Fachbereich Psychotherapie und Beratungswissenschaften an der Donauuniversität Krems) existieren Studien, die aufzeigen, dass Patienten, die vor einer Operation schlecht geschlafen haben, nach der Operation mehr Schmerzen haben als Patienten, die vor der Operation gut geschlafen hatten. Anhand dem Beispiel von Migräne erläutert die Neurologin und Schlafmedizinerin Svenja Happe, Klinik Maria Frieden, den Zusammenhang mit Schlaf, aus dem auch wiederum die Wichtigkeit eines regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus ersichtlich ist: Häufig entstehen Migräne-Attacken am Wochenende. Die Tatsache, dass hier der eigene Rhythmus durch das oftmals längere Schlafen gestört wird, spielt dabei eine erhebliche Rolle.
Auch die Betrachtung der einzelnen Schlafphasen zeigt eine Wechselwirkung der Schmerzen mit dem Schlaf auf. Oft entstehen die Migräne-Attacken im Traum-Schlaf. Anhand von EEG-Aufzeichnungen wurde festgestellt, dass auf eine Migräne-Attacke oftmals eine verkürzte REM-Schlaf-Phase und am Ende der Attacke eine Tiefschlafphase folgt. Bekanntlich spielt der Tiefschlaf eine besonders wichtige Rolle bei der körperlichen Erholung sowie bei Heilungsprozessen. Ein Mangel an Tiefschlaf führt andererseits zur Erhöhung der Schmerzempfindlichkeit sowie zur Senkung der Schmerzschwelle. Die Schlussfolgerung, dass ausreichend Tiefschlaf durchaus über therapeutische Wirkung verfügt, liegt daher nahe.
Gemäß Prim. Univ. Prof Dr. Martin Aigner, Uni-Klinik Tulln, sind sowohl bei der Entstehung von Schmerz als auch bei der Schlaf-Stabilisierung dieselben Gehirn-Regionen beteiligt. Dies gilt auch für unterschiedliche Botenstoffe: z.B. ist der Transmitter Acetylcholin nicht nur für die Auslösung des REM-Schlafes und die Förderung der Wachheit zuständig, er wird auch bei einer Verletzung freigesetzt und anschl. von jenen Rezeptoren aufgenommen, die das Schmerzsignal weiterleiten. Oder die körpereigenen Opioide: sie sind sowohl Tiefschlaf-fördernd als auch schmerzstillend. Schlaf- und Schmerzmittel beinhalten oftmals Stoffe, die eine negative Auswirkung auf die unterschiedlichen Schlafphasen haben. Jede Schlafphase hat jedoch Einfluss auf die Erholung von Körper, Seele und Geist und ist somit essentiell für unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und unsere Leistungsfähigkeit. Aus diesem Grund ist es gerade auch für Schmerzpatienten ausgesprochen wichtig, Lösungen und Wege zu finden, die gesunden Schlaf unterstützen und Schlafstörungen vorbeugen.
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