Grundsätzlich lässt sich sagen, dass wir im Durchschnitt jede Nacht eine Stunde zu wenig schlafen, als zu viel. In einer kürzlich veröffentlichten Studie in der „Scientific Reports“ haben Psychologen festgestellt, dass Menschen mit Schlafmangel empfänglicher für Ratschläge sind, als ausgeschlafene Menschen. Jedoch ist nicht die Tatsache entscheidend, dass sich Menschen mit Schlafmangel eher beeinflussen lassen, als dass die Kompetenz der beratenden Personen in den Hintergrund rückt und sich somit Chancen für „negative Einflüsterer“ ergeben.
In der Studie selbst wurden die Versuchspersonen einem Schlafentzug von 24 Stunden ausgesetzt, wobei sie am darauf folgenden Morgen Schätzaufgaben bearbeiten mussten. Hierzu wurde ihnen eine beratende Person zur Seite gestellt, die sie um Ratschläge bitten konnten. Die Studie ergab, dass Personen unter Schlafentzug verstärkt auf die Hinweise des Beraters zurückgegriffen hatten, als ausgeruhte Personen der Kontrollgruppe.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwiefern Schlafmangel die Nutzung von Ratschlägen beeinflusst. Die 96 Versuchspersonen wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die Experimentalgruppe wurde im Labor unter Aufsicht einem kontrollierten Schlafentzug unterzogen. Hingegen kamen jene Personen der Kontrollgruppe ausgeruht am nächsten Morgen zurück ins Labor. Die Nachtruhe wurde mittels Geräte kontrolliert und in Aktivitäts- und Bewegungsmuster aufgezeichnet, die Rückschlüsse auf die Schlafdauer und Schlafqualität erlauben.
Sowohl die Versuchs-, als auch die Kontrollgruppe musste am nächsten Morgen Schätzaufgaben am Computer lösen. Dabei sollte die Entfernung zwischen verschiedenen europäischen Hauptstädten geschätzt werden (beispielsweise Distanz zwischen Dublin und Wien). Nach ihrer ersten Schätzung wurde ihnen jeweils der Ratschlag eines vermeintlichen Beraters präsentiert. Zwei Berater erteilten dabei abwechselnd Ratschläge. Den Teilnehmern wurde erklärt, dass es sich bei den Beratern um ehemalige Testpersonen dieser Studie handelte, wobei einer der beiden die Aufgaben sehr gut gelöst hatte (Rang 7 von 100), der andere sich jedoch nur im Mittelfeld befand (Rand 52 von 100). Die Versuchspersonen konnten ihre Entscheidung nachdem Tipp der beratenden Person revidieren und eine erneute Schätzung abgeben.
Schlafmangel macht unkritischer
Jene Personen die ausgeschlafen und ausgeruht waren, nutzen die Beraterfunktion wesentlich weniger, als jene die unter Schlafentzug standen. Auch in Hinblick auf die Schätzungen ließen sich die Versuchspersonen in ihrer zweiten Schätzung stärker von der Empfehlung des Ratgebers beeinflussen, als ausgeruhte Personen. Insgesamt wurde der Rat des kompetenten Beraters (Rang 7 von 100) stärker berücksichtigt, als der Rat des Beraters aus dem Mittelfeld. Allerdings folgten Personen aus der Schlafmangelgruppe dem Rat des weniger kompetenten Beraters wesentlich häufiger, als Personen der Kontrollgruppe. Generell schnitten jene Personen mit Schlafentzug in ihrer eigenen Schätzung ein wenig schlechter ab, als ausgeruhte Personen. Befolgten sie jedoch den Rat des kompetenten Beraters, so ließen sich bei der zweiten, revidierten Einschätzung keine Unterschiede mehr erkennen.
Im Hinblick auf die Studie lässt sich sagen, dass unausgeschlafene Personen ihre Ratgeber gut aussuchen sollen. Inkompetente Ratgeber oder Ratgeber die verstärkt die eigene Agenda verfolgen, könnten bei müden Menschen einen stärkeren Einfluss auf die Meinungsbildung haben.
Bildquelle: @fotolia
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