Die Beweglichkeit ist in erster Linie die Fähigkeit der Gelenke, die mögliche Bewegungamplitude optimal auszunutzen. Diese Fähigkeit ist für die körperliche Fitness und Gesundheit, neben den Fähigkeiten Kraft und Ausdauer, eine sehr wichtige Komponente. Leider wird Beweglichkeitstraining jedoch oft komplett vernachlässigt. Die Folgen können schwerwiegende körperliche Beeinträchtigungen sein. Regelmäßig durchgeführtes Beweglichkeitstraining wirkt sich positiv auf die Körpergesundheit aus und hilft dabei, die Gelenke, das Muskelgewebe und das Bindegewebe zu schützen. Zusammenfassend lassen sich folgende Vorteile aufzeigen:
– Die Zugtoleranz des Muskels wird gesteigert.
– Die Regenerationszeiten beschleunigen sich.
– Der max. erreichbare Gelenkwinkel vergrößert sich.
– Verletzungen können verhindert werden.
– Muskulären Dysbalancen wird vorgebeugt.
– Muskelverspannungen werden gelöst.
– Die sportliche Leistungsfähigkeit verbessert sich.
– Orthopädische und funktionelle Beschwerden können verhindert werden.
– Die Alltagstauglichkeit wird langfristig gesichert
– Das Fasziengewebe bleibt gesund.
Auch das Beweglichkeitstraining muss, wie jedes sportliche Training, regelmäßig betrieben werden. Eine Regenerationszeit ist hier nicht erforderlich und es ist sinnvoll und ratsam, täglich seine Beweglichkeit zu trainieren. Es existieren zahlreiche verschiedene Varianten und die wohl bekannteste ist das Dehnen. Dehnübungen können überall und ohne Hilfsmittel durchgeführt werden. Empfehlenswert ist, einen ausgebildeten Trainer nach individuell geeigneten Dehntechniken zu fragen. Auch die korrekte Ausführung kann ein Trainer zeigen und die eigene Übungsausführung „überwachen“. Eine korrekte Ausführung ist äußerst wichtig, um wirklich den richtigen Muskel mit der optimalen Zugspannung zu dehnen. Nicht alle Übungen sind für jeden Trainierenden geeignet. Eine empfehlenswerte und wirkungsvolle Variante für Neueinsteiger ist die statische Dehnung. Dabei begibt sich der Sportler konzentriert und langsam in eine bestimmte Dehnposition und hält diese Endposition für etwa 30-50 Sekunden. Ratsam sind drei Wiederholungen (Sätze) der jeweiligen Übung, wobei Arme und Beine den Anfang machen. Die Rumpfmuskulatur sollte erst am Ende gedehnt werden. Es sind nicht viele Übungen erforderlich, um alle Muskelgruppe zu dehnen und gemeinsam mit einem Trainer können die geeignetsten und effektivsten rausgesucht werden.
Vor dem Dehnen, muss der Körper unbedingt aufgewärmt werden. Verletzungen lassen sich durch ein gutes Körpergefühl und hohe Konzentration vermeiden. Zum Entspannen eignet sich das Ausschütteln der beanspruchten Gliedmaßen.
Hinweise zur Dehntechnik für Neueinsteiger:
– Unbedingt langsam und kontrolliert dehnen
– Vermeidung der dynamischen (federnden) Dehnung
– Auf das Körpergespür hören und sanft bis zur Schmerzgrenze dehnen
– Wichtig sind Ruhe und Bereitschaft zur Entspannung
– Bewusste Atmung beachten
– Mindestens 30 Sekunden pro Übung mit 3 Sätzen
Optimal ausgeführtes Krafttraining kann die Beweglichkeit ebenfalls verbessern. Früher hieß es oft, Krafttraining mache unbeweglich oder „verkürze“ die Muskeln, doch das ist nachweislich ein Mythos.
Der Mythos der verkürzten Muskeln
Ein intakter, gesunder Muskel kann sich niemals verkürzen. Auch wenn er nicht trainiert wird, bleibt seine Länge unverändert. Es ist die neuronale Ansteuerung, die ihn in einer Position hält, die ihn verkürzt aussehen lässt. Hierbei spielen oft die Faszien eine entscheidende Rolle. Faszien sind nicht einfach eine passive Hülle, sondern sie beeinflussen die Beweglichkeit auf unterschiedlichste Arten und Weisen. Sie ziehen sich durch fast alle Körperstrukturen und sind sogar in der Lage, aktiv zu arbeiten. Ihre hoch sensiblen Nervenden können dafür verantwortlich sein, dass Bewegungen eingeschränkt werden und Schmerzen auftreten. Wie die Muskeln, verfügen auch die Faszien über zahlreiche Rezeptoren, zum Beispiel Schmerz- und Dehnungsrezeptoren.
Die Versorgung der Faszie erfolgt über die Lymphe. Ein gesundes Maß an Bewegung unterstützt die Gesundheit des Fasziengewebes, da durch Bewegung der Lymphfluss gesteigert wird. Das lässt sich vereinfacht folgendermaßen erklären. In der Lymphflüssigkeit ist Fibrinogen enthalten und dieses kann unter bestimmten Voraussetzungen verhärten und zu festem Fibrin werden. Das ist der Grund, dass Faszie unbeweglich werden und sie verkleben. Mögliche weitere Ursachen, neben Bewegungsmangel, können Stress, körperliche Verletzungen, Operationen, falsche Bewegungsabläufe oder Fehlbelastungen sein. Ungesundes Fasziengewebe sendet falsche Signale an die Muskulatur, was Muskelverspannungen zu Folge haben kann. Dadurch erklärt sich der Mythos des verkürzten Muskels. Eine falsche Kontraktion des Muskels führt zu einer vermeintlichen Verkürzung. Der Muskel ist hat seine Länge jedoch nicht verändert. Ziel sollte es also sein, die Faszien regelmäßig zu trainieren und für einen optimale Lymphfluss zu sorgen.
N. Bernt meint
„Bevor mit dem Dehnen begonnen wird, muss der Körper aufgewärmt werden“
Das ist definitiv eine wichtige Sache. Das Dehnen als Aufwärmtechnik zu nutzen ist wohl einer der häufigsten Fehler, die ich gerade in Sportstudios immer wieder beobachte. Einen kalten Muskel zu dehnen, in der Hoffnung er wird davon warm und ist anschliessend sofort bereit, intensiv trainiert zu werden, geht mit ziemlicher Sicherheit nach hinten los…