Haben Sie sich schon mal gefragt, warum Sie nachts so oft nackt über den alten Schulhof spazieren? Oder warum Sie nach dem Aufwachen wegen Dingen wütend sind, die in Wirklichkeit gar nicht vorgefallen sind? Sind Träume nur absurde Geschichten, mit denen man den Smalltalk in der Kaffeepause aufpeppen kann?
Keineswegs: In der Stressforschung ist man davon überzeugt, dass das Träumen zur Verarbeitung von Alltag, Stresserlebnissen und emotionalen Konflikten absolut notwendig ist. Träume entlasten die Psyche von den vielen Einflüssen des Lebens und können dabei helfen, persönliche Probleme und Fragen zu lösen. So wichtig der Tiefschlaf für die körperliche Regenerierung ist, so bedeutend ist der Traum-(REM)-Schlaf für die psychische. Im Traum finden nämlich nicht nur wichtige Lern- und Speicherprozesse statt, auch verborgene Botschaften der Seele können dem Träumer übermittelt werden.
Dämonische Botschaften?
Die Anfänge der Traumdeutung finden sich bereits in der Antike, als man in Träumen Botschaften göttlicher und dämonischer Quellen sah. Erst im 18. Jahrhundert gerieten Wahrsagerei und Aberglaube im Zuge der Aufklärung in Verruf. Man begann, Träume natürlichen Ursachen wie Erinnerungen, Krankheiten und momentaner Gefühlslage zuzuschreiben – es fand sozusagen eine Säkularisierung der Traumdeutung statt. Viele Ansätze der modernen Traumdeutung gehen auf die Anfänge der Psychotherapie zurück und sind seither von Wissenschaftlern und Therapeuten weiterentwickelt worden.
Methoden der Traumanalyse
Psychoanalyse (nach Sigmund Freud): Wie man es von Freud so gewohnt ist, ging er auch bei der Auswertung von Trauminhalten von verdrängten Trieben und Wünschen aus. Ihm zufolge machen sich im Traum die psychischen Inhalte bemerkbar, die im wachen Zustand der inneren Zensur zum Opfer fallen. Diese Zensur sei während des Schlafs zwar vermindert, aber dennoch vorhanden, weswegen die Bedeutung des Traums nicht direkt erkennbar sei und analysiert werden müsse.
Der Traum bestünde also aus ins Unbewusste verdrängten Bedürfnissen und vermische diese mit realen Erinnerungen und Gedanken. So sei jeder Traum ein Versuch des Unterbewusstseins, dem handelnden Ich seine Triebwünsche mitzuteilen und sie an der inneren Kontrolle vorbei zu schmuggeln. Bei der analytischen Arbeit mit dem Patienten wurde dieser dazu aufgefordert, zu jedem der im Traum auftretenden Symbole frei zu assoziieren. So könne man die besagten Symbole leichter entschlüsseln und ihre wahre Bedeutung erkennen.
Analytische Psychologie (nach C. G. Jung): Wie Freud sah auch Jung den Ursprung der Träume im Unterbewusstsein. Allerdings war Jung der Ansicht, der Traum würde seine Bedeutung sehr wohl direkt und unverschlüsselt mitteilen – man müsse die individuelle Bildersprache nur zu interpretieren wissen. Dazu sei es wichtig, die auftauchenden Bildsymbole im Kontext des jeweiligen Lebens zu sehen. Der identische Traum könne so bei zwei Personen in verschiedenen Lebensphasen einen völlig gegensätzlichen Zweck zu erfüllen haben.
Gestalttherapie
In dieser Therapieform werden Träume nicht als verschlüsselte Botschaften eingeordnet, sondern als existentielle: Sie teilen dem Träumer mit, wer er ist, und was ihm fehlt. Alles was im Traum vorkommt, wird als Teil des Träumers betrachtet. Die Elemente, die fehlen (z. B. eine Reise ohne Ankommen, Sprechen ohne Laut von sich zu geben) können als Persönlichkeitslücken eingestuft werden. Der Patient spielt die im Traum aufgetretenen (und fehlenden) Symbole nach, und soll sich so entfremdete Teile seiner Persönlichkeit wieder aneignen können.
Bildquelle: deathtothestockphoto
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