- Extremes Knirschen kann zu Zahnverlust führen
- Die Tendenz nimmt im Alter ab
- Psychischer Stress als häufigste Ursache für Zähneknirschen
- Physiotherapie und autogenes Training können helfen
Jeder fünfte tut es – und zwar oft, ohne es zu wissen: In vielen Schlafzimmern wird Nacht für Nacht mit den Zähnen geknirscht. Das hinterlässt Spuren am Zahnschmelz, an der Schlafqualität und somit auch an der allgemeinen Gesundheit.
Oft fällt dem Zahnarzt als erstes auf, was da im Schlaf so vor sich geht: Abgeschliffene Zähne, scharfe Kanten oder Schmelzrisse lassen auf nächtliches Zähneknirschen schließen. Selbst Füllungen und Implantate können dadurch Schaden erleiden und Zahnhälse sogar frei liegen. Doch auch ohne diese Hinweise könnte dem Betroffenen selbst der Verdacht kommen, dass die Kiefermuskeln nachts alles andere als im Ruhezustand sind. Wenn diese im Schlaf stundenlang arbeiten, wacht man nicht selten mit starken Kopf- und Gesichtsschmerzen auf, auch Migräne und Tinnitus können auftreten.
Der stärkste Muskel des Menschen
In der Fachsprache als Bruxismus bekannt, bezeichnet das Zähneknirschen eine rhythmische Aktivität der Kaumuskulatur. Diese zeigt im Schlaf mitunter, wozu sie eigentlich fähig ist: Beim nächtlichen Zähneknirschen werden die Zahnflächen mit einem enormen Druck von bis zu 480 kg / cm² aufeinander gepresst, was etwa dem Zehnfachen der Kraft entspricht, die beim Kauen von Nahrung ausgeübt wird. Kein anderer Muskel kann kraftvoller auf ein äußeres Objekt einwirken, weshalb der Kaumuskel als stärkster Muskel im menschlichen Körper gilt. Und das hinterlässt Spuren – etwa an Zahnschmelz und Zahnbein, oder in Form von defekten Füllungen und Implantaten. In Extremfällen kann sogar das Zahnmark samt Nerv darunter leiden, teilweise kommt es zu Lockerungen und Zahnverlust.
Eine Frage des Alters?
Man unterscheidet gemeinhin primären Schlafbruxismus, der keiner klaren Ursache zuzuordnen ist, sekundären Bruxismus, der in Zusammenhang mit anderen Erkrankungen auftritt, etwa bei neurologischen Erkrankungen oder diversen Schlafstörungen wie Schlafapnoe, und latrogenen Schlafbruxismus, der als Nebenwirkung von Medikamenten wie manchen Psychopharmaka und Antidepressiva ausgelöst wird. Eine generelle Ursachenheilung des primären Schlafbruxismus, also der Form des Zähneknirschens, die nicht als Nebenwirkung von Medikamenten oder als Symptom einer Erkrankung auftritt, gibt es offiziell nicht. Dafür aber immerhin eine gute Nachricht: Die Tendenz zum Zähneknirschen nimmt im Alter ab. Schätzungen zufolge sind 14 bis 18 % der Kinder betroffen, jedoch nur mehr 5 bis 6 % der Erwachsenen und 3 % der Senioren.
Psychischer Stress begünstigt das Zähneknirschen
Um der Ursache für das Zähneknirschen näher zu kommen, ist zunächst etwas Selbstbeobachtung angebracht. Spanne ich den Kiefer tagsüber öfters an? Ist meine Zunge wirklich locker, oder drückt sie irgendwo dagegen? Atme ich ruhig und tief genug? Körperliche Anspannungen deuten oft auf tieferliegende, seelische und psychische Strapazierungen hin. Als unangefochtener Spitzenreiter unter den Verursachern nächtlichen Zähneknirschens gilt negativer emotionaler Stress. Gerade bei Menschen mit Angststörungen ist Schlafbruxismus keine Seltenheit, doch auch in vorübergehenden Phasen starker emotionaler Belastung kann er temporär auftreten. Therapeutisch sollte vorgegangen werden, wenn z. B. chronische Schmerzen entstehen, bzw. wenn das Gebiss nachhaltig geschädigt wird.
Wie werde ich das Zähneknirschen los?
Wie kann man schon heute aktiv gegen das Zähneknirschen vorgehen? Zunächst ist die zahnärztliche Untersuchung nötig. Manchmal bedarf es einer genauen Analyse des Kauapparates, um Probleme mit dem Kiefergelenk abzuklären. Meist wird aber eine Aufbissschiene verordnet. Das Knirschen wird dadurch zwar nur symptomatisch behandelt, die Zähne und Gelenke aber immerhin geschont.
Da wie erwähnt häufig psychische Belastungen zugrunde liegen, ist Stressmanagement besonders wichtig. Verhaltenstherapie oder psychologische Betreuung können gerade bei erhöhtem Stresserleben helfen – Entspannungstechniken wie autogenes Training oder progressive Muskelentspannung gelten als vielversprechende Maßnahmen. Mitunter werden auch Medikamente zur Muskelentspannung verschrieben, dies aber zur Vermeidung möglicher Nebenwirkungen meist nur kurzfristig. Auch das Injizieren des Nervengifts Botox kann mitunter zur Lockerung des Kiefermuskels eingesetzt werden, wird aufgrund des eventuellen Knochenabbaus aber nicht empfohlen. Ratsamer sind Maßnahmen aus der Physiotherapie, wie etwa Massagen oder spezielle Dehnungsübungen für den Kiefer. Auch im größeren Zusammenhang sollte auf die Muskulatur geachtet und eine physiotherapeutische Behandlung erwogen werden, da die Halswirbelsäule und die Kopfhaltung sich auf die Stellung des Kiefers auswirken: Ist der Kopf etwa zu weit nach vorne geschoben, wie es oft bei Computerarbeit oder übermäßiger Smartphonenutzung der Fall ist, kommt es zu Verspannungen in der Kiefermuskulatur. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass fast alles, das seelisch und körperlich Entspannung bringt, gegen Zähneknirschen helfen kann.
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Peter Arnold meint
Hätte ich das mal eher gewusst! 😉 Vielen Dank für diesen wertvollen Beitrag!
HGR meint
Solche Kundenfälle konnte ich auch schon öfters in Zusammenarbeit zwischen dem Zahnarzt und dem Kunden, durch ein entsprechendes gut angepasstes orthopädisches Kopfkissen begünstigen.