Der Schlafexperte und Gesundheitsexperte Dr. med. hc. Günther W. Amann-Jennson erörtert die Themen „Warum schlafen wir?“, Schlafeffizienz, Schlafqualität und optimale Schlaflänge. Was brauchen wir eigentlich, um gesund schlafen zu können? Was können wir tun?
Schlaf-gesund-Interview:
Schlafqualität wichtiger als Schlafdauer!
Martin Böckle: Eine aktuelle Studie schreckt alle auf – 80 Prozent fühlen sich müde und ausgelaugt, schlafen schlecht und zu wenig lange. Welche Rolle spielt in Sachen Müdigkeit der Schlaf überhaupt?
GWA: Müdigkeit am Tage ist großteils auf die Schlafsituation zurückzuführen. Entweder man schläft zu kurz, hat Schlafstörungen und damit insgesamt einen nicht mehr erholsamen Schlaf. Genau dies führt zu Müdigkeit, einem Gefühl ausgelaugt zu sein, sich unkonzentriert zu fühlen und großteils auch eine eher depressive Stimmung zu haben.
Martin Böckle: In diesem Zusammenhang fragen Zuseher immer wieder an, warum wir überhaupt schlafen müssen – gibt es darauf überhaupt eine Antwort?
GWA: Ja der Hauptgrund, warum wir schlafen müssen ist einfach: weil wir müde sind! Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es zwar keine zusammenfassende Erklärung, warum biologische Systeme – und dazu zählt neben Tieren und Pflanzen auch der Mensch – schlafen müssen. Aber es gibt einige deutliche Hinweise.
- Im Schlaf ordnet das Gehirn die Informationen des Tages neu ein, verknüpft sie mit früheren Erfahrungen und überprüft sie auf die Bedeutung für die Person. Also ist Schlaf wichtig für unsere EMOTIONEN.
- Im Schlaf wird das Nervenwachstum angeregt, wodurch Informationen im Gedächtnis verankert werden. Im Traum-Schlaf wiederholen wir motorische Bewegungen und merken uns diese dadurch viel besser. im Tiefschlaf merken wir uns z.B. gelernte Vokabeln. Also ist der Schlaf wichtig für unser GEDÄCHTNIS.
- Im Schlaf hat der Körper die Möglichkeit, Hormone und Immunsystem zu regenerieren und so das gesunde Gleichgewicht aufrechtzuerhalten. Also ist der Schalf wichtig für unsere ABWEHRKRÄFTE.
Martin Böckle: Nun weisen Sie immer wieder darauf hin, dass wir Menschen in der Regel zu wenig schlafen, also dass die Schlafdauer nicht stimmt. Erklären Sie nochmals bitte, was Sie da genau meinen.
GWA: In unserer Gesellschaft gehen die meisten Menschen – und vor allem die Erwerbstätigen zu spät ins Bett und müssen dann aus ihrer Sicht zu früh aufstehen. Das durchschnittliche Schlafdefizit beträgt jährlich bis zu 500 Schlaf-Stunden. Wenn man pro Nacht also 1,5 Stunden zu wenig schläft, ergibt dies bei einer 6-Tage Woche 9 Stunden – macht im Monat etwa 40 Stunden und dies mal 12 Monate, dann haben wir in etwa die 500 Stunden Schlafdefizit. Und genau dies führt zur Dauer-Übermüdung.
Martin Böckle: Und was ist jetzt wichtiger, die Schlaflänge oder die Schlafqualität?
GWA: Grundsätzlich wäre beides wichtig. Die Schlaflänge deswegen, damit wir die einzelnen Schlafphasen 4-5 mal zyklisch durchschlafen können. Ein solcher Zyklus mit Leicht, Tief- und Traumschlaf dauert etwa 1,5 Stunden. Nun sagt uns schon der Hausverstand, wenn wir sowieso schon zu wenig schlafen, ist es umso wichtiger, dass wir einen qualitativ hochwertigen Schlaf haben. Mit ausreichenden Tiefschlaf- und Traumphasen. Und dies wird nur über ein ganzheitliches Schlaf-Gesund-Konzept erreicht. Bitte nicht vergessen: Über 90 % unseres Wohlbefindens und unserer Gesundheit hängen vom gesunden Schlaf ab!
Martin Böckle: Gibt es eine Möglichkeit so eine Art „schneller zu schlafen“?
GWA: Schneller ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck, aber in jedem Fall effizienter. Also in der Zeit, die man wirklich im Bett verbringt, effizienter und tiefer schlafen. So kann man die verlorene Schlaflänge großteils kompensieren. Das ist auch die Erfahrung in der Praxis: wer seinen Schlaf naturkonform optimiert, also Bett/Schlafsystem, Schlafplatz und Schlafraum, braucht in der Regel etwa 1,5 Stunden weniger Schlaf.
Martin Böckle: Wie ist dies erklärbar bzw. was geschieht bei einer naturkonformen Schlaf-Optimierung genau?
GWA: Insgesamt kommt es durch ein ganzheitliches Schlaf-Gesund-Konzept zu einer Synchronisation der inneren Körperrhythmen. Gehirn und Organe arbeiten im Schlaf synchron – sozusagen im „Chor“. Körper und Geist schwingen so im Einklang und weil wir im Schlaf nicht denken, kann sich auch unser Gehirn erholen. Dadurch tritt automatisch die höchste Schlaftiefe und damit die beste Erholung ein. Dies bedeutet, dass die Schlafqualität extrem gut ist.
Martin Böckle: Und was passiert, wenn das Schlafsystem nicht passt, das Bettklima gestört ist, am Schlafplatz viele Störreize sind usw.?
GWA: Störreize wie Licht oder Elektrosmog verursachen im Körper und Gehirn sogenannte Dissonanzen und diese führen zu einem nicht erholsamen Schlaf. Störreize und eine künstliche Schlafumgebung geben dem Körper jedenfalls chaotische Zeitsignale, welche die Körperrhythmen nachhaltig stören. Und damit auch den Schlaf.
Martin Böckle: Man kann also zusammenfassend sagen, dass ein gestörter Schlaf eine Extrembelastung für Körper und Geist ist?
GWA: Genau so kann man das formulieren. Und das hat natürlich weitreichende Folgen – körperlich, seelisch und geistig. Und kann zu zahlreichen Krankheiten oder auch zu Übergewicht und Diabetes führen. Ebenfalls ganz wichtig ist die Orthopädie des Schlafes. Denn wenn wir unseren Körper und vor allem die Wirbelsäule anatomisch-orthopädisch nicht korrekt lagern, kann keine muskuläre Entspannung stattfinden. Auch die Bandscheiben können sich nicht regenerieren, dies führt rasch zu Verspannungen und Rückenschmerzen.
Martin Böckle: Also was raten Sie Menschen, die zu wenig schlafen oder die schon einen gestörten Schlaf haben?
GWA: In jedem Fall als ersten Schritt die 3 wichtigsten konstanten Schlüsselfaktoren für gesunden Schlaf optimieren. Das sind das Bett samt Schlafsystem, einen störungsfreien Schlafplatz und ein ausgeglichenes Schlafraum-Klima. Auch das unter meiner Leitung entwickelte Konzept der Körpererdung im Schlaf, führt zu einer messbaren Qualitätsverbesserung des Schlafes. Vor allem die Tiefschlaf- und Traumphasen werden dadurch ausgedehnt. Tiefschlaf ist der beste Wellnessurlaub unserer Nacht.
Martin Böckle: Besten Dank für Ihre Ausführungen.
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