Warum sich das Gehirn im Schlaf Platz verschafft
Diese bahnbrechenden, wissenschaftlichen Ergebnisse sind ein wichtiger Hinweis darauf, dass wenn wir wach sind, eine Zunahme der Synapsen-Stärke erfolgt. Hingegen während dem Schlaf diese wieder zurückgefahren wird bzw. sich diese normalisiert. Erst dadurch können sich die Lernerfahrungen am Tag im Schlaf festigen und so auch Erinnerungen im Gedächtnis fixiert werden. Man könnte dies auch so formulieren: Immer dann, wenn wir schlafen, vergessen wir einen Teil von dem, was wir am Tag gelernt haben. Die Synapsenverbindungen, die sich über Nacht nicht wieder lösen, gehen dann in unser Langzeitgedächtnis über.
Auf die Ergebnisse von 2003 aufbauend, liefert eine aktuelle Studie des Forschers Graham Diering von der Johns Hopkins University in Baltimore (USA) weitere interessante Details. Diese wurde im Februar 2017 veröffentlicht. Die Forschergruppe untersuchte ebenfalls Mäusesynapsen vor und nach dem Schlaf, hat allerdings den Schwerpunkt auf molekulare und strukturelle Veränderungen der Nervenverknüpfungen gelegt. Dabei fand das Forscherteam heraus, dass die Synapsen im Schlaf nicht nur an Größe eingebüßt hatten. Es hatten sich auch die Anzahl der Rezeptorproteine um etwa 20 % verringert.
Diese sind wichtig für die Signalübermittlung durch Botenstoffe (Transmitter). In Bezug auf den Schlaf findet dieser Abbau der „Andockstellen“ immer dann statt, wenn der Level der Botenstoffe Noradrenalin und Adenosin ein erhöhtes Schlafbedürfnis signalisiert. Auch dies weist darauf hin, dass im Schlaf tatsächlich eine „Re-Kalibrierung des Gehirns“ stattfindet. Es wird quasi Platz gemacht. Durch diesen nächtlichen „Schrumpfprozess“ wird dem Gehirn eine weitere wichtige Funktion ermöglicht – sich im Schlaf von Giftstoffen zu befreien, die sich den Tag über angesammelt haben.
Dies belegen Studien der Universität von Rochester (New York). Über die Gehirn- und Rückenmarkflüssigkeit werden diese Giftstoffe „abtransportiert“. Erforschungen dieser Flüssigkeit zeigen, dass während des Schlafs besonders viele Rückstände von Tau-Proteinen und Amyloid zu finden sind. Genau diese zwei Substanzen werden mit der Alzheimer- Entstehung in Verbindung gebracht. Selbst wenn der genaue Wirkmechanismus nach wie vor noch nicht genau erforscht ist.
Schlaf ist für geistiges Wohlergehen ein Muss
Die aktuellen Forschungsergebnisse rund um das „nächtliche Gehirn“ bestätigen eindrücklich, wie wichtig der gesunde und ausreichende Schlaf für unser geistiges Wohlergehen ist. Nochmals zur Erinnerung: 100 % unserer psychisch-mentalen Regeneration hängen vom Schlaf ab! Gleichzeitig wird dadurch auch die Erkenntnis gestärkt, dass der Schlaf für unser Gehirn keine wirkliche Pause darstellt, denn das Gehirn muss im Schlaf wichtige Arbeitsprozesse durchführen, damit wir klar im Kopf sind, gute Entscheidungen treffen, uns wohl fühlen und psychisch gesund bleiben. Sobald wir schlecht oder zu wenig schlafen, schaden wir unserer Gesundheit und in einem sehr hohen Maß unserer geistig-mentalen Fitness.
Insbesondere bei Menschen die viel geistig leisten und viel lernen müssen, wird das Gehirn rasch mit unzähligen instabilen Verbindungen überfüllt. Um weiterhin produktiv zu bleiben, müssen den dafür vorgesehen Strukturen (Gliazellen) die Möglichkeit gegeben werden, diese instabilen Verbindungen rechtzeitig zu „beschneiden“. Nur so können diese wieder durch stabilisierte Synapsen ersetzt werden.
„Neuronale Müllentsorgung“
Diese speziellen Mikrogliazellen „stutzen“ also alte unnötige Synapsen und schaffen somit Platz für neue starke Verbindungen. Und sorgen so dafür, dass wir den Kopf für den nächsten Tag wieder frei bekommen. Die unabdingbare Voraussetzung lautet: Sie müssen ausreichend und biologisch hochwertig schlafen! Das ist biologisch gesehen die beste Möglichkeit, Ihr Gehirn ohne großen Aufwand im Schlaf fit zu halten. Wer allerdings nicht genügend und gesund schläft, gibt seinem Gehirn keine Möglichkeit während des Schlafes diese wichtige „neuronale Müllentsorgung“ durchzuführen. Erst diese Art von „Reset“ schafft Platz für neue Lernerfahrungen, die notwendig und wichtig sind, sodass wir im Leben vorankommen und auch erfolgreich sein können – beruflich wie auch sportlich. Denn die geistig-mentale Fitness ist dabei unersetzbar.
Bildquelle: @fotolia
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