„Der eigentlich hervorbringende, fruchtbare Teil unseres Daseins ist der Schlaf.“ Carl Zuckmayer
Neben der psychologischen Funktion hat der Schlaf auch eine physiologische: Den Hauptzweck des Schlafes hat die Wissenschaft bisher in der „Erneuerung“ der Zellen gesehen. Im Schlaf wird neue Kraft für den nächsten Tag getankt. Man verglich das menschliche Zentralnervensystem mit einer Batterie von begrenztem, jedoch sehr anpassungsfähigem Speichervermögen, welche erst wieder aufgeladen werden kann, wenn die alte Spannung entladen ist.
Um gesund und am Leben zu bleiben, ist daher der Schlaf als regelmäßiger Mechanismus der Entspannung zum neuerlichen Aufladen der Batterie unbedingt erforderlich. Wird ein Mensch zum Beispiel während dreier aufeinanderfolgender Tage und Nächte wach gehalten, so empfindet er ein überwältigendes Schlafbedürfnis. Auch für andere wird es immer schwieriger, ihn am Einschlafen zu hindern; sie müssen ihn dauernd dazu anregen, verschiedene Dinge zu tun. Immer neue Tätigkeit ist unerlässlich für sein Wachbleiben. Sobald sich Eintönigkeit einschleicht, werden seine Augen zufallen und sein Kiefer herabsinken.
Noch weiß man nicht, wieviel Schlaf der Mensch eigentlich braucht, wie verschieden das Schlafbedürfnis je nach Alter, Veranlagung, Konstitution und Beanspruchung ist. Fünf Stunden sind wohl als Minimum anzunehmen. Im Erwachsenenalter gelten acht Stunden Schlaf als normal, doch unterscheiden sich die Schlafgewohnheiten von Mensch zu Mensch beträchtlich.
Neueste Forschungen
Warum schlafen wir also? Der „Papst der modernen Schlafforschung“ Prof. Dr. William C. Dement von der Stanford University hat auf diese Frage einmal eine überraschende Antwort gegeben: „Ganz einfach, weil wir müde sind.“ Diese sicher ironisch gemeinte Antwort dürfte einer neuen interdisziplinären Forschergruppe, bestehend aus Psychiatern, Neurologen, Psychologen, Internisten, Endokrinologen, Immunologen und Mathematikern an der Medizinischen Universität zu Lübeck nicht ausreichend sein. Um neue wissenschaftliche Begründungen für das Phänomen „Schlaf“ zu finden, werden Einflüsse auf das Gehirn, den Stoffwechsel und das Immunsystem untersucht. So soll eine möglichst umfassende Einsicht in die Funktion des Schlafs für den Organismus erlangt werden.
Wenn Ratten kontinuierlich am Schlaf gehindert werden, sterben sie innerhalb von 15 bis 25 Tagen in der Regel an Infektionen. Längerer Schlafentzug und chronische Schlafstörungen können zur Entgleisung des Stoffwechsels führen. Fast alle psychiatrischen Erkrankungen gehen mit spezifischen Störungen der Schlafarchitektur einher. Diese wenigen Fakten verdeutlichen die außerordentliche gesundheitliche und medizinische Bedeutung des Schlafs, nicht nur für Psyche und Gehirn, sondern auch für den Stoffwechsel und das Funktionieren des Immunsystems. Schlaf scheint umso bedeutender zu werden, je komplexer die Anforderungen an den Organismus in der täglichen Auseinandersetzung mit seiner Umwelt sind. In der Wachphase ist der Mensch mit zahlreichen Stressoren konfrontiert, die allesamt schnelles Reagieren und Bewältigen erfordern. Vielfältigste und rasch wechselnde berufliche und soziale Situationen müssen durch adäquates Verhalten gemeistert werden.
Unser Stoffwechsel ist ständig gefordert: abhängig von körperlicher Aktivität, Nahrungsaufnahme und Energiereserven muss er sich laufend neu einstellen. Zusätzlich wird der Organismus mit unterschiedlichsten Viren, Bakterien und anderen Mikroorganismen konfrontiert, die unmittelbar immunologische Abwehrreaktionen hervorrufen. Diese psychischen, metabolischen und immunologischen Stressoren verursachen eine Destabilisierung der entsprechenden Regulationssysteme. Auf neue, unerwartete Situationen kann nicht mit eingefahrenen Mustern, sondern muss mit neuem Verhalten reagiert werden, das gelernt werden muss.
Akut kann der Organismus zwar in der Regel mehr oder weniger sinnvoll auf Stressoren reagieren. Eine längerfristige Anpassung setzt jedoch eine Art Gedächtnisbildung des Organismus voraus. Dieser Konsolidierungsprozess scheint eine zentrale Funktion des Schlafs zu sein. Schlaf – so die Leithypothese der Forschergruppe an der Universität Lübeck – ist notwendig, um Gedächtnis auf allen Ebenen und für alle körperlich-seelisch-geistigen Regulationsmechanismen und Steuerungssysteme zu konsolidieren. Dieser laufende Anpassungsprozess erfordert einen Zustand der Ruhe. Dazu ist die mehrstündige Schlafphase am besten geeignet.
Diese aktuellen Forschungsergebnisse geben Anlass zur wissenschaftlichen Spekulation, dass sowohl Gesundheit als auch Krankheit im Schlaf entstehen könnte, dass sich sozusagen über eine spezielle Art von Gedächtnis Nerven-, Hormon- und Immunsystem im Schlaf neu adaptieren. Allein dieser Hinweis gibt dem Schlaf aus medizinischer, therapeutischer und vor allem prophylaktischer Sicht eine neue, immense Bedeutung.
Bildquelle: @SAMINA
Quelle: Redaktion – Einfach gesund schlafen
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