Unter dem Begriff Schleudertrauma werden Verletzungen der Halswirbelsäule zusammengefasst, die aufgrund einer kurzen, meist heftigen Krafteinwirkung entstehen. Die Halswirbelsäule wird plötzlich gebeugt und überstreckt, wobei es zu Überdehnung und Kompression der sowohl vorderen als auch hinteren Strukturen im Hals-Nackenbereich kommt. Beim Schleudertrauma werden vorwiegend Weichteile verletzt, in seltenen Fällen können auch Knochen oder Gelenke betroffen sein.
Ursachen
Häufig wird ein Schleudertrauma durch einen Auffahrunfall ausgelöst, wobei der Betroffene im vorderen Auto sitzt. Den Fahrer trifft der Aufprall meist vollkommen unvorbereitet. Das hat zur Folge, dass sich die Nacken- und Halsmuskeln nicht anspannen können und der Kopf abrupt vor und zurück geschleudert wird. Die Halswirbelsäule und die angrenzenden Weichteile werden dabei stark gebeugt und überstreckt. Die Folgen sind Risse oder Zerrungen in den Muskeln, den Sehnen oder den Bändern. Bei einigen wenigen Patienten werden die Bandscheiben, Wirbelkörper, Blutgefäße oder das Rückenmark durch den Aufprall geschädigt.
Andere Schleudertraumen-Ursachen sind:
- Sportunfälle, die zu starken Krafteinwirkungen im Halswirbelsäulenbereich führen können, zum Beispiel Kletterunfälle
- Ringen, Boxen, Karate oder Judo sind Risikosportartarten, deren Ausübung die Entstehung eines Schleudertraumas begünstigen
- Aktivitäten, bei denen massive Scher- und Fliehkräfte wirken, wie Fahrten in der Achterbahn
- Vorangegangene Schleudertraumen können dazu führen, dass die Verletzungen und Symptome eines Schleudertraumas verstärkt werden. Selbiges trifft auf Vorerkrankungen, wie Arthritis und Morbus Bechterew zu
- Der psychologische Zustand, das Schlafverhalten und der Stresslevel der Patienten beeinflussen unmittelbar die Ausprägung und den Krankheitsverlauf
Mediziner bezeichnen ein Schleudertrauma ohne klinischen Befund häufig auch als eine Halswirbelsäulen-Distorsion, das bedeutet eine Verstauchung der Halswirbelsäule. Bei einem Schleudertrauma handelt es sich um einen sehr komplexen Mechanismus, da mehrere Scher- und Biegekräfte auf die Wirbelsäule einwirken.
Symptome
Die möglichen Symptome eines Schleudertraumas ergeben sich aus den Schweregraden. Die klinische Klassifikation von Störungen bei einer HWS-Beschleunigungsverletzung gemäß Quebec Task Force [QTF]:
Grad 0: ohne klinischen Befund, keine Beschwerden
Grad 1: ohne klinischen Befund, jedoch Beschwerden der Halswirbelsäule in Form von Überempfindlichkeit, Schmerzen, Steifigkeit, Verspannungen
Grad 2: Beschwerden wie bei Grad 1, zusätzlich möglich sind Druckschmerzen, Hämatome, Bewegungseinschränkungen und Muskelzerrungen
Grad 3: zusätzlich zu den oben genannten Beschwerden können die Muskeleigenreflexe gestört sein und Lähmungserscheinungen auftreten
Grad 4: Halswirbelsäulenfraktur, Bänderriss, Verletzung des Rückenmarks, schlimmstenfalls Lähmung
Weiterhin können folgende Symptome auftreten:
- Schwindel
- Hörstörungen / Tinnitus
- Kopfschmerzen
- Schluckstörungen
- Beeinträchtigung der Gedächtnisleistung / Konzentrationsstörungen
- Beschwerden in den Kiefergelenken
- Schlafstörungen
Nach dem Unfall vergehen mehrere Stunden, ehe sich die ersten Symptome zeigen. Mediziner vermuten, dass durch den Aufprall das Gewebe mechanisch geschädigt wird und anschließend ein Entzündungsprozess in Gang gesetzt wird. Die Symptome verschwinden in den meisten Fällen innerhalb einiger Tage oder Wochen, vorausgesetzt es sind keine irreparablen Schäden an den Wirbelsäulenstrukturen entstanden.
Einige Patienten plagen nach dem Unfall chronische Schmerzen, obwohl es für die Beschwerden keine klinischen Befunde gibt. Diesem sogenannten chronischen Halswirbelsyndrom haben sich bereits verschiedene Studien gewidmet. Sie kamen zu dem Schluss, dass das subjektive Schmerzempfinden mit dem psychischen Zustand der Betroffenen zusammenhängt. Wichtig sind demnach eine konsequente Schmerzbehandlung und eine optimale Verarbeitung des durch den Unfall ausgelösten Stresses. Patienten können ein „Schmerzgedächtnis“ ausbilden – das bedeutet, der Betroffene nimmt Schmerzen wahr, obwohl die schmerzauslösenden Faktoren bereits beseitigt sind. Außerdem scheinen auch Ängste, Depressionen und Schlafstörungen eine wichtige Rolle zu spielen, da sie nachweislich dazu beitragen, dass die Beschwerden eines Halswirbelsäulensyndroms chronisch werden.
Quellen:
http://www.spinesurgery.de/de/fuer-aerzte/14-aerzte/67-klassifikationen-hws.html
http://www.craniotherapie.ch/Schleudertrauma.pdf
http://www.spot.co.at/indikationen/wirbelsaeule/schleudertrauma/
https://www.medperts.com/region/germany/orthopadie-unfallchirurgie-blog/-/blogs/-chronisches-halswirbelsaulen-schleudertrauma-bleibt-weiterhin-eine-schwammige-diagnose?isFavorite=false
https://www.lifeline.de/krankheiten/schleudertrauma-id124398.html
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