Machen Sie sich einige Dinge bewusst bzw. rufen Sie diese aus der Erinnerung zurück: in den letzten Jahrzehnten haben sich vor allem unsere Tagesabläufe sowie die äußeren und inneren Lebensbedingungen drastisch verändert. Vor gut 100 Jahren verbrachten noch etwa 80 Prozent der Bevölkerung ihre Arbeit im Freien und in der Natur, heute arbeiten mindestens gleich viel in von der Natur weitestgehend isolierten Gebäuden. Bereits 50 Prozent der Weltbevölkerung lebt, arbeitet und schläft heute in Städten mit viel Beton, Glas, Stahl und immer weniger Natur. Schlechte Luft, überall Technik und Elektrosmog, Klimaanlagen, künstliche Beleuchtung, Chemie, Synthetik und tausende luft- und wasserlösliche Giftstoffe um uns herum kosten uns jeden Tag viel Kraft. Dazu kommt der meistens stressbesetze, disharmonische Tages-, Arbeits- und Freizeitablauf. Entspannung, Pausen und Muße bleiben auf der Strecke. Immer öfter finden soziale Kontakte digital statt – wir beschäftigen uns mit Fernsehen, Internet, Facebook etc. und wenden so den eigentlichen Herausforderungen unseres Lebens den Rücken.
Diese Verhaltensweise beeinflusst auch das lebensnotwendige Bedürfnis nach ausreichendem, gesundem Schlaf, denn Fernsehen, Internet, Facebook findet hauptsächlich abends oder nachts statt. Zudem leben wir in einer eher schlaffeindlichen Gesellschaft – „wer viel schläft, gilt als faul“. Durch Schlafmangel verändern sich auch unsere inneren Werte wie Harmonie, Zufriedenheit oder Dankbarkeit und bleiben immer öfter auf der Strecke. Zudem machen wir die Nacht immer öfter zum Tag und es kommt zu einer ungünstigen Verschiebung des natürlichen Verhältnisses von Wachheit und Schlaf, die durchschnittlich bei 2:1 liegt. Das heißt 2/3 des Tages, also etwa 16 Stunden sind wir wach und 1/3 des Tages, etwa 8 Stunden schlafen wir. Dieses Verhältnis verschiebt sich aufgrund gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Prioritäten zu Ungunsten des Schlafes tendenziell auf 3:1. Weil immer mehr Menschen ihre Tagesaktivitäten in Richtung Nacht verschieben, sind diese jetzt 18 Stunden wach und haben für ihren Schlaf nur noch 6 Stunden Zeit. Das ist schlafbiologisch die unterste Grenze und bedingt, dass in dieser verkürzten Schlafzeit der biologisch bestmögliche Schlaf möglich wird.
Der ewige Kreislauf von Wachheit und Schlaf
Die Schlafwissenschaft macht es uns deutlich: 6 Stunden Schlaf reichen wirklich nur für eine kleine Minderheit aus, für den Großteil der Erwachsenen ist dies viel zu wenig. Dazu kommt in den meisten Fällen das Faktum, dass dieser verkürzte Schlaf nicht nur ein chronisches Schlafdefizit verursacht und unsere inneren Uhren und Rhythmen durcheinanderbringt, sondern was die Schlafqualität anbelangt, meistens äußerst bescheiden ausfällt.
Ich habe mich die letzten 30 Jahre mit dem naturgesunden Schlaf auseinandergesetzt. Dabei zeigen die zehntausenden Erfahrungen, dass das naturkonforme Schlafen in der heutigen Zivilisation sehr wesentlich ist. Nur unter Berücksichtigung elementarer Naturgesetze ist es möglich, den Schlafprozess so zu unterstützen, dass dieser zur umfassenden Erholung und Regeneration von Körper und Geist führt.
Mit dem naturgesteuerten Prozess des Schlafes und der Träume haben sich Naturphilosophen und Heilkundige in der Menschheitsgeschichte schon früh beschäftigt. So haben bekanntlich bereits in der antiken Heilkunde Priesterärzte die Heilkräfte des Schlafes genutzt. Dort schliefen Kranke vor dem Allerheiligsten (auf der Kline = Ruheliege/Bett, daher unser Wort „Klinik“) und erlebten dort einen vom Heilgott Asklepios (Äskulap) geschickten Traum. Die Priesterärzte deuteten diesen Traum und fanden so die richtige Heilungsmethode. Dies geschah im Rahmen eines längeren Kuraufenthaltes, bei der auch die Kräfte der Natur samt den dortigen Quellen ihre wohltuende Wirkung entfalteten. Damals vertrat man die Philosophie, dass unsere Seele und unsere Psyche den Schlaf selbst nicht benötigen um sich auszuruhen, sondern um ihre spezifische Tätigkeit auszuüben – nämlich das psychisch-seelische Gleichgewicht wieder herzustellen und so die Heilung zu unterstützen. Innerhalb der Schlafwissenschaften findet die Traumforschung und Traumpsychologie immer mehr Anerkennung. Dass die Träume für unser Wohlbefinden, unsere Emotionen, unser Seelenleben und für das Lösen seelischer Konflikte wichtig sind, ist wissenschaftlich unbestritten.