Interview mit André Mack, Direktor der Abteilung Lausanne Hospitality Consulting der Hotelfachschule in Lausanne.
Herr Mack, worauf achten Sie, wenn Sie in Ihren Ferien ein Hotel buchen?
Das Wichtigste ist für mich ein gutes Bett mit einer qualitativ hochwertigen Matratze. Als Romand reise ich viel in Frankreich und da ist die Qualität der Betten teilweise miserabel. Deshalb vertraue ich auf Hotelketten, die mir gewisse Standards garantieren.
Nach meinen Erfahrungen ist die Qualitäten der Betten auch in der Schweiz selten überzeugend.
Auch hierzulande bieten Ketten in der Regel gute Qualität. Das gehört zu deren Image. Jedoch sind sie eher untervertreten, deswegen dürfte Ihr Eindruck nicht trügen. Die Matratzen sind oft zu dünn. Problematisch sind vor allem – auch in den besten Hotels – zu weiche Kissen, die eine ideale Schlafposition verunmöglichen.
Ich höre von Ihnen zum ersten Mal, dass jemand bei der Wahl seines Hotels als Erstes auf die Qualität der Betten schaut. Sind andere Faktoren wie Dusche, Badezimmer oder Minibar, WiFi und Fernseher hat, nicht viel wichtiger?
Im Allgemeinen schon, dazu gibt es ausführliche Studien. Das Bett kommt da an dritter oder vierter Stelle. Etwas vom Wichtigsten für die Gäste ist das Badezimmer und die Ausstattung der Dusche. Danach folgt die Qualität des Lichts, die Durchlüftung des Zimmers und erst dann das Bett.
Ist der Schlaf für ein Hotel zu unwichtig, als dass es sich da lohnt, Geld zu investieren?
So drastisch würde ich das nicht formulieren. Der Schlaf ist sehr wichtig, wir Hoteliers verkaufen Schlaf. Aber in der Schweiz kostet es sehr viel, seine Zimmer entsprechend auszurüsten. Für eine qualitativ hochwertige Matratze bezahlt man schnell einmal 2000 bis 3000 Franken. Wenn sie bei den Hotelgästen keine so hohe Priorität geniesst, dann überlegt man es sich zwei Mal, ob man jetzt wirklich die hochwertigsten Matratzen kaufen möchte. Aber das Bedürfnis ist schon da.
War das schon immer so, oder stellen Sie diesbezüglich ein Umdenken in der Schweizer Hotelbranche fest?
Das Thema wurde lange vernachlässigt. Das erstaunt insbesondere deshalb, als die Schweizerinnen und Schweizer in ihrem Haushalt am meisten Geld für Betten ausgeben. Aber aufgrund des Drucks grosser Hotelketten, hat hierzulande eine Professionalisierung eingesetzt. Heute gilt die Grundregel, dass man jedes Jahr zehn Prozent seiner Zimmer renovieren muss, um sich auf dem Markt zu behaupten. Mit der Renovation des Zimmers meine ich auch, dass man seine Betten ersetzt.
Die Vorstellungen davon, was ein gutes Bett ist, sind doch sehr individuell. Wie können Hotels diese unterschiedlichen Wünsche überhaupt berücksichtigen?
Immer mehr Hotels bieten heute sogenannte Schlafmenus an. Die Gäste können auswählen, ob sie gerne Verdunkelungsvorhänge, sanfte Musik, earplugs, eine dickeres Duvet oder ein härteres Kissen hätten. Dann wird ein Zimmer entsprechend diesen Wünschen ausgestattet.
Für Luxushotels dürfte das kein Problem sein, aber das ist doch für ein kleines Drei-Stern-Hotel unmöglich?
Und ob das möglich ist. Eine gewisse Auswahl kann jedes Hotel bieten. Natürlich kann sich nicht jedes Hotel mit dem teuersten Mobiliar ausrüsten. Aber das erwartet auch niemand von einem Drei-Sterne-Hotel.
Schlafforscher sagen, dass es für den Schlaf schlecht sei, wenn man zu spät isst oder vor dem Schlafen noch fern sieht. In den meisten Hotels ist das jedoch der Fall. Ist es denkbar, dass man das anpasst?
Nein, ein es wäre zu risikoreich, ausschliesslich auf ein exklusives Schlaferlebnis zu setzen und dem alles unter zu ordnen. Der Trend spricht eher dafür, möglichst viele Dienstleistungen anzubieten, weil die Hotels so eine möglichst breite Kundschaft abholen können. Es gibt zwar einzelne Luxusressorts die Zimmer nach dem Motto «less is more» anbieten. Da gibt man sein Smartphone an der Reception ab und zieht sich in ein schlicht ausgestattetes Zimmer zurück, wo man durch nichts und niemanden abgelenkt wird. Im gleichen Ressort werden aber sämtliche anderen Dienstleistungen angeboten und die Gäste können frei wählen. In der Schweiz sind mir jedoch keine derartigen Angebote bekannt.
Gibt es eine Marktlücke für Wellness-Hotels, nur auf ein besonders exklusives Schlaferlebnis zu setzen?
Ein solches Monoprodukt würde sich wohl nicht gut verkaufen. Man erwartet von einem Wellness-Hotel deutlich mehr als nur guten Schlaf. Zudem lebt die Schweiz zu einem grossen Teil vom Business-Tourismus. Touristen bleiben bloss für eine oder zwei Nächte, und da spielt der Schlaf bloss eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger sind WiFi-Access, Räumlichkeiten, in denen sich der Gast mit Kunden treffen kann und ein gutes Restaurant.
Die Auslastung der Betten in der Schweiz ist gering, wie kann man sich in diesem übersättigten Markt als Hotel behaupten?
Wir beobachten einen Trend, der von internationalen Hotelketten vorgegeben wird. Es zeigt sich, dass sich immer mehr Hotels auf spezifische Touristengruppen ausrichten. Also beispielsweise bewusst japanische Gäste anziehen und sich deren Bedürfnissen anpassen.
Quelle: www.nzz.ch