Die Wirbelsäule ist das zentrale Stütz- und Bewegungsorgan des menschlichen Organismus. Eine gesunde Wirbelsäule zeigt in der seitlichen Betrachtung eine doppelte S-Form, das bedeutet eine Lordose im Halswirbelbereich sowie eine Kyphose im Bereich der Lendenwirbel. In der Ansicht von hinten ist die Wirbelsäule einer gesunden Person vollkommen gerade und die Wirbelkörper bilden vom Kopf bis zum Becken eine lotrechte Linie. Diese Anatomie ermöglicht beim aufrechten Gang eine Abfederung der auf den Bewegungsapparat einwirkenden Erschütterungen.
Von einer Skoliose wird dann gesprochen, wenn keine natürliche Form der Wirbelsäule vorliegt, sondern sich die einzelnen Wirbelkörper vertikal verdrehen und/oder ein Bereich der Wirbelsäule horizontal verbogen ist. Etwa vier Prozent der Gesamtbevölkerung sind von dieser Wirbelsäulenverformung betroffen.
Bei der Skoliose werden medizinisch vier verschiedene Krümmungsmuster unterschieden. Diese geben Auskunft darüber, an welchem Wirbel die Krümmung auftritt.
- thorakale Skoliose: Wirbelsäule ist nach rechts gebogen, die Krümmung liegt im Brustwirbelsäulenbereich
- lumbale Skoliose: Wirbelsäule ist nach links gebogen, die Hauptkrümmung befindet sich im Bereich der Lendenwirbelsäule
- thorakolumbale Skoliose: die Krümmung befindet sich zwischen der Brust- und Lendenwirbelsäule
- thorakale und lumbale Skoliose: Wirbelsäule krümmt sich sowohl in der Brust- als auch in der Lendenwirbelsäule
Sichtbare Symptome
Bei einigen Patienten ist die Wirbelsäulendeformation kaum sichtbar. Bei anderen ist die Krümmung, speziell in der Rückansicht, sehr gut erkennbar. So kann es zum Schulter- und Beckenschiefstand kommen oder der Kopf steht nicht grade über der Beckenmitte sondern rechts- oder linksseitig. Auch das Hervorstehen eines Schulterblattes ist ein typisches Anzeichen für eine Skoliose.
Der sogenannte Adams-Test kann dabei helfen, eine Skoliose zu erkennen. Hierbei beugt die Person ihren Oberkörper um 90 Grad nach vorn, die Arme hängen nach unten und die Beine sind gestreckt. Der Arzt oder Therapeut schaut von hinten auf den Rücken. Falls eine Skoliose vorliegt, zeigt sich meist ein Buckel (Rippenbuckel), das bedeutet, im oberen Wirbelsäulenbereich steht eine Seite höher als die andere. Die Lendenmuskeln treten ebenfalls sichtbar hervor.
Diese Symptome werden dann offensichtlich, wenn einzelne Wirbelkörper horizontal kippen und sich gleichzeitig um ihre Längsachse verdrehen. Die Rippen sind am Brustwirbelkörper befestigt und damit automatisch von der Drehbewegung betroffen. Das kann letztendlich dazu führen, dass sich der gesamte Brustkorb ebenfalls verdreht.
Nicht sichtbare Symptome
Eine Skoliose tritt häufig während des Wachstums auf und verursacht anfänglich keine unmittelbaren Beschwerden. Unbehandelt werden jedoch mittel- bis langfristig alle aktiven und passiven Strukturen des Bewegungsapparates belastet. Die Muskeln verspannen und das umliegende Fasziengewebe verliert seine Elastizität. Die möglichen Folgen sind Kopf- und Nackenschmerzen. Darüber hinaus können frühzeitig degenerative Wirbelsäulenerkrankungen wie Bandscheibenvorwölbung oder
Vorfall (Protrusion, Prolaps) oder Wirbelgleiten (Spondylolisthesis) auftreten. Einschränkungen der Beweglichkeit sind ebenfalls möglich. Bei einer weit fortgeschrittenen Skoliose kann die Verformung sogar die Funktion der inneren Organe beeinträchtigen. In seltenen Fällen sind Verdauungsprobleme oder Funktionseinschränkungen des Herzens oder der Lunge möglich.
Ursachen
Bei schätzungsweise 80 bis 90 % der Betroffenen entsteht die Skoliose spontan mit unbekannter Ursache. In diesen Fällen spricht die Medizin von einer idiopathischen Skoliose. Mädchen sind wesentlich häufiger von der Erkrankung betroffen als Jungen.
Die Ärzte untergliedern die idiopathische Skoliose nochmals nach dem Lebensalter, in dem sie entsteht. Bis zum vierten Geburtstag wird von einer infantilen Skoliose und bis zum zehnten Lebensjahr von der juvenilen Skoliose gesprochen. Eine adoleszente Skoliose liegt dann vor, wenn sie während der Pubertät diagnostiziert wird. Eine Sonderform ist die sogenannte Baby- oder Säuglingsskoliose. Hierbei handelt es sich nicht um eine echte Skoliose, sondern um eine Fehlstellung, die meist von allein verschwindet oder mit Lagerungsübungen positiv beeinflusst werden kann.
Die eigentlichen Auslöser der idiopathischen Skoliose sind unbekannt. Oft sind es sicher mehrere Faktoren, die gleichzeitig auf den Bewegungsapparat einwirken und das Gleichgewicht des Wirbelsäulensystems stören, wie:
- Wachstumsschübe
- Stoffwechselstörungen, die das Wachstumsverhalten der Wirbelkörper beeinträchtigen
- genetische Veranlagung
- Fehlsteuerungen der Nerven
- Bindegewebsveränderungen (Veränderungen innerhalb des Fasziensystems)
- Dysbalancen der Muskulatur
Das Wirbelsäulensystem ist äußerst komplex. Die einzelnen Strukturen wie Wirbelkörper, Bandscheiben, Muskeln und Faszien sind miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt. Wenn dieses System aus seinem Gleichgewicht gerät, kann sich die Wirbelsäule deformieren. Eine ungleich ausgebildete Muskulatur und damit ein gestörtes Fasziensystem gepaart mit einem Wachstumsschub können bereits zu einer Skoliose führen. Lange Sitzzeiten, zu wenig Bewegung in der Freizeit, zu kurzer regenerativer Schlaf und/oder eine nicht-orthopädische Schlafunterlage könnten die Entstehung von Skoliosen zusätzlich begünstigen. Eltern von Kindern und Teenagern sollten deren körperliche Entwicklung genau beobachten und bei Verdacht auf eine Skoliose den Arzt konsultieren. Eine schnelle Behandlung beugt Langzeitschäden vor und verbessert die Chancen auf eine komplette Heilung.
Bei etwa 10 bis 20 % aller Skoliose-Patienten ist die Krankheitsursache bekannt. In diesen Fällen spricht die Medizin von einer sekundären Skoliose. Diese wird folgendermaßen untergliedert:
- myopathische Skoliose, wenn Erkrankungen der Muskulatur vorliegen
- osteopathische Skoliose, wenn die Wirbelkörper verformt sind
- neuropathische Skoliose, wenn die Ursache im Nervensystem liegt
- angeborene Fehlbildungen, wie beispielsweise „ein offener Rücken“ (Spina bifida)
- posttraumatische oder latrogene Skoliose, nach Operationen an der Wirbelsäule oder medizinischen Behandlungen
- statische Skoliose, bei einer vorliegenden Beinlängendifferenz
Bereits leicht ausgebildete Skoliosen sollten unbedingt ernst genommen und behandelt werden. Sie verursachen zwar aktuell keine Beschwerden, können jedoch die Wirbelsäule im Laufe eines Lebens dauerhaft schädigen.
Quellen:
http://www.deutsches-skoliose-netzwerk.de/index.php/ausstellung/schlaf-dynamic/
https://www.welt.de/gesundheit/article147080534/Wenn-eine-Skoliose-zu-lange-unentdeckt-bleibt.html
http://www.bundesverband-skoliose.de/jugend.html
https://www.apotheken-umschau.de/Ruecken/Skoliose-Ursachen-11766_3.html
http://behealthhy.com/de/topics/5296
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