Nach über anderthalb Jahren mit der COVID-19-Pandemie sind Diskussionen über die hoffentlich einleuchtende Notwendigkeit des Händewaschens und Abstandhaltens abgeklungen. Stattdessen beschäftigt sich der öffentliche Diskurs nun zunehmend mit etwaigen Spätfolgen einer Infektion mit diesem Corona-Virus – im Volksmund meist mit “Long COVID” umschrieben.
Der vor allem laienhaft benutzte Begriff “Long COVID” fasst jene Beschwerden zusammen, die nach einer überstandenen COVID-Erkrankung bleiben oder neu hinzukommen können. Vor diesem Syndrom sind übrigens auch jene mit einem milden Krankheitsverlauf nicht gefeit, die Risikofaktoren sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ausreichend geklärt. Jedoch ließ sich bislang beobachten, dass u.a. besonders übergewichtige Personen und 50+-jährige unter den Long-Covid-Betroffenen zu finden sind. Weiters leben genesene Intensivpatienten häufig mit solchen langfristigen Folgen. Dies kann natürlich damit in Verbindung gebracht werden, dass der schwere Krankheitsverlauf den Körper stark belastet hatte und invasive Behandlungsmethoden eingesetzt werden mussten, die noch nicht gänzlich überwunden wurden.
Woran erkennt man das Long COVID-Syndrom?
Da es sich um ein noch recht junges und unerforschtes Phänomen handelt, können die Anzeichen eines Long COVID-Syndroms nicht eindeutig eingegrenzt werden. Zu den am häufigsten berichteten Symptomen zählt jedoch starke Erschöpfung und Ermattung, die sowohl bei vermeintlich leichten psychischen als auch physischen Tätigkeiten auftreten kann. Dies macht den Betroffenen besonders zu schaffen, da sowohl Berufs- als auch Privatleben darunter leiden, und sich verständlicherweise Ängste bezüglich der Zukunft einstellen. Außerdem werden häufig Schmerzen in Muskeln, Gelenken und der Brust beobachtet sowie Kurzatmigkeit und Husten. Etwas seltener kommen u.a. kognitive Beeinträchtigungen hinzu (Gedächtnis, Konzentration, Wortfindung), depressive Zustände und Verängstigung, Hautausschläge und Schlafstörungen.
Zukunftsprognose: Grund zur Hoffnung
Da das Long COVID-Krankheitsbild so verschiedenartig ausfällt, gibt es keine Allgemeinlösung, die Behandlung muss an den jeweiligen Patienten angepasst werden. Gemeinhin wird der Fokus auf Bereiche wie Muskelstärkung gelegt, wie auch auf Atemtraining und die wichtige psychologische Begleitung. In Anbetracht der bei vielen Patienten bestehenden Erschöpfung muss jede Therapierung auf jeden Fall sehr vorsichtig und gemächlich angegangen werden, um psychisches wie auch physisches Ausbrennen zu verhindern.
Wichtig ist, nicht den Mut zu verlieren: So sehr die Zahl der Betroffenen sich auch erhöht, während Berichte über erfolgreich Genesene auszubleiben scheinen, handelt es sich hierbei ja doch um ein sehr neues Thema. Dass über positive Heilungsaussichten nicht in vergleichbarer Zahl erzählt wird, bedeutet keinesfalls, dass es diese nicht gibt. Wie bei den meisten Erkrankungen ist es auch hier von Vorteil, möglichst zuversichtlich und gelassen zu bleiben. Dabei kann es helfen, sich auf die Faktoren zu konzentrieren, die man selbst in der Hand hat: Also etwa sich die nötige ärztliche und therapeutische Hilfe zu suchen, in Selbsthilfe-Gruppen auszutauschen, gesund zu essen oder an der Verbesserung des Schlafs anzusetzen. An diesem scheint es nämlich wie erwähnt dank Long COVID besonders häufig zu mangeln. Zugleich ist Schlaf nach wie vor die fundamentale Gesundheitsquelle, aus welcher Körper und Geist Selbstheilung und Regeneration beziehen.
Long Covid und Schlafprobleme – ein Teufelskreis?
Schlafstörungen gehören ohnehin schon zu den häufigsten Gesundheitsrisiken der Zivilgesellschaft, COVID-Erkrankungen scheinen dafür noch anfälliger zu machen. Dies kann auf primäre Krankheitssymptome wie Husten, Atembeschwerden, Schmerzen etc. zurückgeführt werden, darüber hinaus auch auf die großen Ängste und Sorgen, die eine solche Diagnose auslösen kann. Dieser Mangel an nächtlicher Erholung macht tagsüber psychisch und physisch labiler und tut der bestehenden Erschöpfung natürlich keinen Gefallen. Ein Teufelskreis kann entstehen, weitere Nebenwirkungen als mögliche Folgen auftreten. Für einige Betroffene äußern sich die Schlafprobleme jedoch nicht in Schlaflosigkeit oder wiederholtem Aufwachen, sondern in übermäßigem Schlafen (also mehr als die empfohlenen 7-9 Stunden pro Nacht), was die Ermattung tagsüber weiter erhöhen kann. Neben einer ärztlichen Abklärung möglicher physiologischer Ursachen kann eine gute Schlafhygiene helfen. Selbst kleine Verbesserungen der Schlafqualität können nämlich den Organismus immens dabei unterstützen, sich zu regenerieren und von der Erkrankung zu erholen, und hoffentlich bald wieder zur gewohnten Stärke zu finden.
Tipps für Long Covid-Betroffene mit Schlafproblemen
- Regelmäßigkeit ist das Um und Auf für guten Schlaf. Konsequent die selben Bettzeiten einzuhalten – auch am Wochenende – hilft dabei, den Organismus früh genug auf den Schlaf vorzubereiten.
- Die richtige Schlafumgebung ist ausschlaggebend: In einem gut abgedunkelten, ruhigen Raum mit einer Temperatur von 18-22° C schläft es sich am einfachsten und am tiefsten.
- Abendrituale sind nicht nur für Kinder förderlich. Probieren Sie verschiedene Dinge wie Lesen, Baden, Puzzle legen, Yoga etc. aus, die Ihnen Ruhe und Entspannung bringen, und wenden Sie sich bereits am frühen Abend diesen zu. Bildschirme jeglicher Art sollten in den ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen tunlichst vermieden werden, um die Melatonin-Produktion nicht durch die ausgestrahlten Blaulichtanteile zu stören.
- Sollten Sie nachts aufwachen, stehen Sie nach etwa 20 Minuten am besten auf und widmen sich an einem ruhigen Ort einem Buch oder einer anderen ruhigen Ablenkung.
- Sind es vor allem Zukunftsängste und gesundheitliche Sorgen die Sie nicht ruhig schlafen lassen, legen Sie sich ein Notizbuch neben dem Bett bereit. Darin können Sie schriftlich alles festhalten das sie gedanklich und eventuell körperlich quält, und hoffentlich davon loslassen. Auch hier hilft Konsequenz – je mehr Sie sich dieses Freischreiben angewöhnen, umso mehr verschaffen Sie sich dadurch psychische Erleichterung.
- Sollten Sie zu den Betroffenen zählen, die zu viel schlafen, versuchen Sie tagsüber häufiger Pausen einzulegen, dabei allerdings schrittweise auf Nickerchen zu verzichten. So erhöhen Sie die nächtliche Schlafqualität und maximieren die Erholung. Körperliche Aktivität kann – in Maßen – die Wachheit stimulieren, behutsames Vorgehen bleibt jedoch Grundvoraussetzung.
- Reservieren Sie sich einen bestimmten Zeitpunkt, an dem Sie sich täglich über die neuesten Entwicklungen zum Thema Pandemie informieren, am besten vormittags. Nehmen Sie sich außerhalb dieser Zeiten gerne so gut es geht frei. Die Abendnachrichten und Online-Diskussionen können bestehende Sorgen und Ängste weiter verstärken, besonders wenn Sie nachts mit ins Bett genommen werden.
Quellen und weiterführende Informationen:
https://www.long-covid.at/
https://www.aerzteblatt.de/archiv/217002/Long-COVID-Der-lange-Schatten-von-COVID-19
https://www.wsws.org/en/articles/2021/03/23/long-m23.html
https://oe1.orf.at/artikel/685224/Long-Covid-Die-grosse-Erschoepfung
https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/immunsystem/coronavirus-covid-19/long-covid
https://www.helpguide.org/articles/illness-disability/long-covid-symptoms-and-treatment.htm#