Früher ging man von der Theorie aus, dass ein Muskelkater die Folge einer durch Training ausgelösten Übersäuerung des Muskels sei. Die Theorie gilt jedoch nach dem heutigen Stand der Wissenschaft als überholt. Wenn es so wäre, müsste der stärkste Muskelkater unmittelbar nach einer außergewöhnlichen Anstrengung auftreten, denn in diesen Situationen wird die höchste Milchsäurekonzentration (der Laktatwert) im Muskel gemessen. Muskelkater tritt aber erst zwölf bis 24 Stunden nach der Anstrengung auf, wenn die Milchsäure bereits wieder abgebaut ist.
Doch wie entstehen diese Schmerzen dann?
Neue Untersuchungen haben gezeigt, dass es in Wirklichkeit bei Überbelastung von Muskeln zu feinen Rissen in den Muskelfasern kommt. Eine zu hohe oder ungewohnte Belastung führt zu mechanischen Spannungen auf die Mikrostruktur der Muskulatur. Diese Spannungen sind so hoch, dass es zu Einrissen in den Z-Streifen kommt. Die Muskelfasern bestehen aus einer Vielzahl sogenannt Myofibrillen. In den Z-Streifen ist das Aktin verankert – ein Eiweiß, dass sich mit einem anderen, parallel angeordneten Eiweiß – dem Myosin- bei der Muskelverkürzung verbindet. Durch die Mikrotraumen gelangen Eiweißbruchstücke in das Zellplasma: dort reißen diese Bruchstücke Nervenenden, welche mit Schmerempfinden reagieren. Die Folge dieses Schmerzempfindens ist eine lokale Verspannung der Muskulatur sowie einer lokalen Schwellung (Ödem). Sowohl die Muskelverspannung als auch die lokale Schwellung verschlechtern die Durchblutung des betroffenen Muskelareals, was wiederum den Regenerationsprozess verlangsamt.
„Muskelkater ist ein Indiz dafür, dass man im Training etwas falsch gemacht hat“, sagt auch Winfried Banzer, Professor für Sportmedizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt/Main.
Die sportliche Kunst besteht darin, den Muskel optimal zu reizen, das heißt keinen zu hohen oder zu geringen Trainingsreiz zu setzen, um optimale Anpassungsprozesse im Organismus auszulösen. Denn zwischen Mikrotraumen, die ein optimales Dickenwachstum (Hypertrophie) des Muskels auslösen, einem Muskelkater und einer Muskelzerrung und letztendlich einem Muskelfaserriss liegen meist nur graduelle Unterschiede. Die Entstehung eines Muskelkaters ist eindeutig auf einen zu stark überschwelligen Trainingsreiz zurückzuführen, was sich auf optimale Trainingsfortschritte eher konterproduktiv auswirkt.
Bei der Therapie des Muskelkaters haben sich alle durchblutungsfördernden Maßnahmen bewährt. Wassergymnastik und Schwimmen können den Heilungsprozess bei Muskelkater beschleunigen. Durch Hochlagern der betroffenen Gliedmaßen wird das Abschwellen begünstigt. Bei starken Schmerzen empfiehlt sich Schonung. Sind die Beschwerden gering, ist eine moderate Bewegungstherapie möglich. Langsam und kontrolliert kann die betroffene Muskulatur beansprucht werden. Lockerungs- und leichte Dehnungsgymnastik sind ebenfalls gute Therapiemöglichkeiten. Trainingseinheiten mit der gleich hohen Intensität oder intensives Dehnen sollten gemieden werden.
Der beste Schutz gegen Muskelkater ist ein gründliches Aufwärmen vor sportlichen Betätigungen. Die Belastung sollte moderat gesteigert werden und dem Körper muss ausreichend Regenerationszeit zwischen den Trainingseinheiten eingeräumt werden.
Muskelkater indiziert in erster Linie, dass der Körper Ruhe benötigt. An den Tagen nach dem Training sollte demzufolge besonders auf ausreichend Schlaf geachtet werden, um schneller fit für das nächste Training zu werden. Dabei muss eine gute Schlafqualität sichergestellt werden. Denn Muskeln wachsen in den Ruhepausen und die Regeneration ist nicht umsonst ein wichtiger Faktor im Muskelaufbau.