Der Schlaf (bzw. schlafähnliche Ruhezeiten) ist seit Anbeginn untrennbar mit fast allen Lebewesen (bis auf Bakterien und Viren) – auch dem Menschen – verbunden. Er ist unzweifelhaft eine der wichtigsten Säulen der Gesundheitshygiene, um körperlich und geistig fit und leistungsfähig zu bleiben.
Diese Meinung vertreten die Gesundheitsexperten zumindest im 21. Jahrhundert. Aber war das schon immer so? Hatte der Schlaf schon immer diesen Stellenwert oder gab es Zeiten aber auch Orte in der Menschheitsgeschichte, in denen das vielleicht ganz anders gesehen wurde?
Schlafgewohnheiten im Wandel der Zeit
Die Forschung vermutet, dass die Erholung in der Steinzeit als notwendige körperliche Maßnahme genutzt wurde. Man legte sich in seine Höhle oder auf seine Schlafstatt sobald es dunkel wurde und erwachte mit dem ersten Tageslicht. Allerdings war dieses Dösen teilweise sehr unruhig, weil die Menschen damals immer auf der Hut vor tierischen oder menschlichen Freßfeinden sein mussten.
In der Antike wurde die Nachtruhe häufig als Mysterium wahrgenommen. Im hebräisch-griechischen Kulturraum wurde der Schlaf den Menschen von Gott gegeben, damit diese sich nach getaner Arbeit ausruhen konnten und er ihnen Botschaften und Weisungen senden konnte. Die Erholung wurde also positiv gesehen. Im Neuen Testament jedoch wurde er eher als notwendiges Übel beschrieben, das dem Menschen wertvolle Zeit raubte.
Im Hellenismus erfuhr das Nächtigen eine noch negativere Bedeutung und erschien als Sinnbild der Trägheit, des Unwissens und des Unglaubens.
Als Sinnbild für Zerrissenheit, Isolation und Dissoziation wurde das Nächtigen im alten Ägypten gesehen. Er galt als Mittel zur Erneuerung des Lebens, als Traummedium und Instrument der Kommunikation mit der jenseitigen Welt und ihren Göttern.
Im Gebiet um Indien hingen der Schlaf und die Träume sehr eng zusammen. Im Schlaf soll laut hinduistischem Glauben die Welt vom Gott Vishnu erschaffen worden sein. Der Traum galt als eine von vier Seinsformen und wurde ebenso wie der Nachtruhe als notwendige und positive Daseinsform des Menschen gesehen.
Die Asiaten erlebten den Schlaf eher als einen unproduktiven Zeitvertreib, ein „lustvolles“ Vergnügen und daher einen ineffektiven und nicht erstrebenswerten Zustand. Notwendig war auch, dass der Ruhende unbedingt eine kontrollierte Körperhaltung beibehielt; alles andere war unschicklich.
Die gesellschaftliche Wahrnehmung des Schlafes war also in den betrachteten Kulturen sehr widersprüchlich, was sie bis heute teilweise geblieben ist.
Mittelalterlicher Schlafrhythmus
Im Mittelalter wurde die christliche Wertekategorie vor allem im europäischen Kulturraum von immenser Bedeutung. Dadurch wurden auch biologisch-physiologische Vorgänge mit Glaubenssätzen, Visionen und göttlicher Eingebungen zu erklären versucht. Der Schlaf wurde zurückgeführt auf den Sündenfall von Adam und Eva und seine Relevanz – herbeigeführt durch die notwendige Nahrungsaufnahme – gestört durch Ängste vor nächtlichen Dämonen und Schutzlosigkeit.
Die im 16. Jahrhundert beginnende Neuzeit, einhergehend mit dem Aufkeimen der Naturwissenschaft, rückte das mystische Bild des Schlafes immer mehr in den Kontext der Biologie, Medizin und Psychologie. Alexander von Humboldt (1769-1859) vermutete, dass der Druck der nächtlichen Ruhe tagsüber aufgrund eines Sauerstoffdefizites anwächst. Jean-Jacques d`Ortous de Mairan galt im frühen 18. Jahrhundert aufgrund von Pflanzenexperimenten als Begründer der Chronobiologie. Ernst Kohlschütter (1837-1905) stellte etwa 1862 die ersten Schlaftiefekurven auf.
Erste Schlaflabore
Ab dem 19. Jahrhundert entwickelten sich die Naturwissenschaft und ihre Entdeckungen rasant. Auch über den Schlaf lernten die Forscher immer mehr. Nathaniel Kleitmann gründete 1925 das erste Schlaflabor in den USA und erforschte den Schlaf-Wach-Rhythmus; Aserinsky entdeckte 1953 den REM-Schlaf und bis heute gibt es unzählige weitere Schlafforscher, die teilweise bahnbrechende Erkenntnisse gewonnen und unser Verständnis vom Sinn und Zweck des Schlafes deutlich verbessert haben.
Aber auch heute weiß man immer noch nicht ganz genau, warum der Mensch diese Ruhe benötigt bzw. was alles physiologisch während des Schlafes passiert. Was man aber ganz genau weiß ist, dass 90 % unserer Gesundheit vom guten Schlaf abhängen. Und dafür können wir alle mithilfe von Schlafcoaches und Anbietern gesunder Schlafsysteme viel tun.
Textquelle: Kulturgeschichte des Schlafes – vom Mythos zur Naturwissenschaft (2020), Heinrich Dieckmann, Karl-Otto Steinmetz, Lehrscript der Apollon Hochschule der Gesundheitswirtschaft