Seit vielen Jahren beschäftigt sich die Wissenschaft mit der Frage, was genau in unserem Gehirn geschieht, während wir schlafen. Dabei hat sich gezeigt, dass der Schlaf gerade für unser Gehirn und seine Funktionen sehr wichtig ist. Insbesondere die Verarbeitung von Tagesstress, psychischen Konflikten und Emotionen findet über unser Gehirn und hauptsächlich in den REM-Traum-Phasen statt. Auch die Verknüpfung von Informationen, die Herstellung neuer Verbindungen im Netzwerk des Gehirns sowie die Verankerung von Informationen und Lerninhalten (Gedächtniskonsolidierung) ist eine Sache des „schlafenden Gehirns“. Genauso scheint die nächtliche „neuronale Müllentsorgung“ ein ganz wesentlicher Aspekt für unsere geistig-kognitiven sowie kreativen Fähigkeiten und Leistungen zu sein.
Im Zuge weiterer Forschungen sind neuerdings ganz neue und überraschende Entdeckungen gemacht worden. Nämlich, dass sich unser Gehirn, wie übrigens auch der ganz Organismus, im Schlaf von Giftstoffen befreit. Diese Erkenntnis untermauert die Notwendigkeit eines gesunden und erholsamen Schlafes noch deutlicher. Denn wer zu wenig schläft oder einen gestörten, nicht mehr erholsamen Schlaf produziert, schädigt sein Gehirn und läuft Gefahr, im Alter an bisher unheilbaren Krankheiten wie Demenzen und Alzheimer zu leiden.
Alzheimer – ein altbekanntes Problem
Im Volksglauben gehen viele nach wie vor davon aus, dass wir Menschen im Alter „verkalken“ und deswegen unsere geistige Leistungsfähigkeit stark abnimmt. Diese Annahme ist im Grunde genommen richtig und falsch zugleich. In der Wissenschaft ist längst überholt, dass sich in den Gehirnen gesunder und alter Menschen „Kalk“ ansammelt oder sich die geistige Leistungsfähigkeit verringert. Es war der deutsche Arzt Dr. Alois Alzheimer (1864-1915), der schon vor mehr als 100 Jahren (1906) nachgewiesen hat, dass die im Alter abnehmenden geistigen Fähigkeiten auf einen krankhaften Prozess in unserem Gehirn zurückzuführen sind. Alzheimer gelang es, bei einer Patientin mit schweren Gedächtnisstörungen Eiweißablagerungen im Gehirn nachzuweisen. Sein Arztkollege Dr. Rudolf Virchow (1821-1902) hatte diesen Ablagerungen allerdings bereits 1854 einen Namen gegeben, nämlich „Amyloide“ (Stärkeähnliches). Einen direkten Zusammenhang mit dem Verlust geistiger Leistungsfähigkeit erkannte Dr. Virchow allerdings damals noch nicht.
Gerade die Altersdemenz hat in den letzten zwei Jahrzehnten sprunghaft zugenommen und beschäftigt sowohl Wissenschaft, Ärzte, Therapeuten, Betroffene und Angehörige. Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass zwei Drittel aller Altersdemenzen vom Alzheimer-Typ sind. Nach dem Stand der Alzheimer-Forschung kann vermutlich jeder Mensch daran erkranken. Das sogenannte „Lebenszeitrisiko“ – also das Risiko, im Verlauf der eigenen Lebensspanne daran zu erkranken – beträgt bei 100-jährigen nahezu 100 Prozent. Noch liegt die Lebenserwartung in Europa unter 100 Jahren. Bis zum Jahre 2050 könnte sich dies jedoch ändern, da diese seit 1925 jedes Jahrzehnt konstant um drei bis vier Jahre steigt. Bei der gegenwärtigen mittleren Lebenserwartung von 75 bis 80 Jahren ist davon auszugehen, dass jeder Dritte mit Symptomen der Alzheimer Krankheit sterben wird. Alzheimer-Demenz kommt bekanntlich nicht über Nacht, Experten gehen von rund 30 Jahren „Vorlaufzeit“ aus. Wichtigster Risikofaktor ist und bleibt das Altern, aber möglicherweise spielt bei der Entstehung und Vermeidung unser Schlaf die entscheidende Rolle. Der Langzeiteffekt eines zu kurzen oder anhaltend gestörten Schlafes könnte an der Entstehung dieser nach wie vor unheilbaren Krankheit maßgeblich beteiligt sein.
Was hat Alzheimer mit unserem Schlaf zu tun?
Demenz und Alzheimer sind bei älteren Menschen aufgrund der aktuellen Entwicklung auf dem Weg, eine Volkskrankheit zu werden. Und wie bei allen anderen Krankheiten ist man fieberhaft mit Ursachenforschung beschäftigt. Wird nämlich die Ursache gefunden und beseitigt, entsteht die Krankheit nicht bzw. kommt dann der Krankheitsprozess zum Stillstand. Wie kann dies erreicht werden? Wissenschaftler der Rochester Universität (New York) haben in diesem Zusammenhang möglicherweise eine bahnbrechende Entdeckung gemacht: unser nächtlicher Schlaf könnte bei altersbedingten Krankheiten wie Alzheimer neben genetischen Faktoren die zentrale Rolle spielen. So könnte ausreichender, gesunden Schlaf eine der wichtigsten Waffen gegen Demenzen und Alzheimer sein!
Bei der Entstehung der Alzheimer-Krankheit spielen toxische Stoffwechselprodukte oder Schadstoffe wie z. B. Beta-Amyloide eine entscheidende Rolle. Beta-Amyloide sind Fragmente eines Proteins (Eiweiß) und bei der Alzheimer-Krankheit ist – wie bereits vor über 100 Jahren von Dr. Alois Alzheimer entdeckt – die Anhäufung sogenannter „amyloider Plaques“ zwischen den Neuronen (Nervenzellen) im Gehirn das Problem. Diese häufen sich im Alter und bilden einen harten, unauflöslichen Belag (Plaque), der mehr und mehr neben dem geistigen auch zu einem körperlichen Zerfall des Erkrankten führt. Die Studie der Rochester Universität, welche unter der Leitung der dänischen Wissenschaftlerin Maiken Nedergaard erfolgt ist, hat der Rolle des Schlafes eine ganz neue Dimension verliehen.
Bildquelle: ©fotolia
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