Für ein vitales, möglichst gesundes Leben brauchen Körper, Seele und Geist nachts ausreichend Schlaf, um sich zu regenerieren. Dass dafür heutzutage nicht viel Zeit bleibt, ist zunehmend einem besonderen Phänomen zuzuschreiben – der sogenannten “Revenge Bedtime Procrastination”.
“Heute gehe ich auf jeden Fall früh ins Bett” – wer hat diesen noblen Vorsatz nicht schon mal morgens in die Kaffeetasse gemurmelt, nur um ihn bis zum Abend wieder vergessen zu haben? Zu verlockend scheint dann allzu oft das Freizeitangebot von TV und Streaming-Diensten, oder man scrollt einfach stundenlang gedankenlos per Handy durchs Internet. Für diese moderne Form der Schlafvermeidung gibt es einen schmissigen Begriff: “revenge bedtime procrastination”.
Aufschub als Rache
Grob übersetzt bedeutet dies auf Deutsch so viel wie “Schlafenszeit-Prokrastinations-Rache”. Tatsächlich gemeint ist damit das Verhalten, mit dem wir abends das Schlafengehen hinauszögern, um uns so das süße Nichtstun zu gönnen, für das wir den Tag über aufgrund von Arbeit und anderen Verpflichtungen keine Zeit hatten. Dass diese Rechnung nicht zum eigenen Gunsten aufgeht, stellen Millionen von übermüdeten und schlappen Menschen tagtäglich unter Beweis. So kann sich durch eine vermeintliche Wohltat auf Dauer ein Schlafdefizit anhäufen, welches sowohl der physischen als auch der psychischen Gesundheit schadet.
Selbstdisziplin und Eulen
Da es sich bei der Schlafprokrastination um ein noch recht junges Phänomen handelt, sind die psychologischen Hintergründe weitgehend unerforscht. Einerseits geht man davon aus, dass ein Mangel an Selbstdisziplin zugrunde liegt, u.a. da die Selbstkontrolle zum Tagesende hin ihren Tiefpunkt erreicht. Andererseits könnte auch vor allem der weit verbreitete Chronotyp der Eule betroffen sein – also die Gruppe an Menschen, deren natürlicher Wach-/Schlafrhythmus den vorgegebenen Strukturen der Gesellschaft etwas hinterher läuft. Dieser abendliche Schlafaufschub könnte ihre Art sein, den Stress eines nicht passenden Zeitplans abzubauen.
Mögliche Folgeerkrankungen
Was die potenziellen Folgen dieses Schlafdefizits betrifft, besteht weitaus mehr Klarheit. Akuter Schlafmangel beeinträchtigt u.a. das Gemüt, die Stressresistenz und die Leistungsfähigkeit. Auf lange Sicht lässt sich außerdem z. B. ein Zusammenhang mit Depressionen und Angststörungen beobachten, sowie mit Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems oder des Stoffwechsels. Besonders verheerend ist wohl, dass chronischer Schlafmangel dem Immunsystem schadet, was bekanntlich wiederum allgemein krankheitsanfällig macht.
Tipps gegen die Schlafprokrastination
Möchte man das Muster der Schlafprokrastination brechen, kommt man an einer Abendroutine nicht vorbei. Fixe Schlaf- und Weckzeiten, die möglichst auch am Wochenende eingehalten werden, helfen bei der Beibehaltung eines gewohnten Rhythmus.
Ansonsten gelten die üblichen Regeln einer guten Schlafhygiene:
- kein Koffeinkonsum ab dem späten Nachmittag
- abends nur wenig Alkohol konsumieren (wenn überhaupt)
- mindestens eine Stunde vor dem Zubettgehen sämtliche Bildschirme vermeiden
- Entspannungsübungen, Yoga, Lesen – alles was beim Herunterfahren hilft, darf gerne fixer Teil der Abendroutine werden
Übrigens: Auch eine einfache Umgestaltung des Schlafzimmers in einen ruhigen, einladenden Wohlfühlbereich kann dem abendlichen Rückzug einen gewissen Anreiz geben, der sonst fehlt. Dabei können auch kuschlige, weiche Bettwaren und bequeme, anschmiegsame Kissen helfen. Denn: Je besser man sich bettet, umso lieber liegt man.
Quellen:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32823762/
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24994989/
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2014.00611/full
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29662459/
Bildquelle: pexels
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