- Schlaf gilt als sensibles Konstrukt, welches von Hormonen geleitet wird.
- Tag- und Nachthormone bedingen einander meist.
- Eine Hormon-Dysbalance kann Schlafstörungen verursachen.
Gesunder Schlaf gilt als treibender Motor für unsere körperliche und mentale Kraft, Vitalität sowie Gesundheit. Im Schlaf schafft unser Körper die Basis für den nächsten Tag, verarbeitet und speichert gesammelte Tages- und Sinneseindrücke, reguliert den Stoffwechsel und schüttet Wachstumshormone aus. Schlaf und Hormonhaushalt bedingen dabei einander.
Hormone sind biochemische Signal- bzw. Botenstoffe, die vom Körper selbst produziert werden und als Kommunikationsmittel zwischen Zellen, Organen sowie dem Gewebe dienen. Sie werden in endokrinen Drüsen des Körpers hergestellt und gelangen über den Blutkreislauf an den jeweiligen Bestimmungsort. Aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften lassen sich Hormone in drei große Kategorien unterteilen: Aminosäuren-Abkömmlinge (z. B. Melatonin & Serotonin), Peptidhormone (z. B. Leptin & Ghrelin) und Steroidhormone (z.B. Cortisol).
Hormone leiten und beeinflussen dabei sowohl unser Handeln, als auch das Denken, die Gefühle, aber auch den Schlaf. Denn eine Vielzahl der Hormone werden verstärkt während des Schlafes gebildet und ausgeschüttet. Ein Hormon, welches Hand in Hand mit dem Schlaf geht, ist beispielsweise das Schlafhormon Melatonin.
Melatonin sorgt für Müdigkeit
Damit wir abends müde werden, müssen verschiedene Kriterien erfüllt sein. Hormone spielen dabei eine zentrale Rolle. Das Schlafhormon Melatonin sorgt beispielsweise dafür, dass wir müde werden. Es wird verstärkt in der Zirbeldrüse des Gehirns produziert. Über spezielle Nervenbahnen in der Netzhaut erhält die sensible Drüse Informationen über die aktuelle Lichteinstrahlung. Erreicht die Zirbeldrüse das Signal, dass Tageslicht vorherrscht, so wird die Melatonin-Produktion gestoppt. Setzt jedoch die Dämmerung ein, nimmt die Zirbeldrüse die Melatonin-Produktion wieder auf. Der Organismus stellt auf Nachtmodus um. Folglich werden wir müde.
Zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens erreicht die Melatonin-Ausschüttung ihren Höhepunkt. Ab diesem Zeitpunkt nimmt die Produktion wieder ab, bleibt untertags konstant niedrig und steigt mit Einsetzen der Dämmerung wieder an. Ist die Melatonin-Konzentration im Blut zu niedrig, so kann dies zu einer gestörten Nachtruhe führen.
Eng in Zusammenhang mit Melatonin steht der Suprachiasmatische Nukleus (SCN), einer Gehirnregion, die über besonders viele Nervenzellen verfügt und für den circadianen Rhythmus verantwortlich ist. Der Suprachiasmatische Nukleus steuert beispielsweise die Melatonin-Ausschüttung der Zirbeldrüse und gilt deshalb auch als Taktgeber unsere inneren Uhr.
Faktoren, die die Melatonin-Produktion steuern
Neben der Helligkeit beeinflusst unter anderem die Körpertemperatur die Melatonin-Ausschüttung. Gegen Abend hin senkt sich diese ab, was die Schlafhormon-Produktion begünstigt. Melatonin trägt weiters dazu bei, dass sich die Körpertemperatur noch weiter absenkt und die Schläfrigkeit zusätzlich gefördert wird.
Ebenfalls haben die Jahreszeiten sowie das Lebensalter Einfluss auf die Melatonin-Ausschüttung. Denn die Lichtstärke wird auch durch die Jahreszeiten beeinflusst. Hier gilt: je höher der Lichteinfluss, desto niedriger die Melatonin-Produktion. Deshalb sind wir auch im Frühjahr und Sommer meist wesentlich länger wach, ohne dass wir wirklich müde sind. Sensible Personen nehmen den Jahreszeitenwechsel häufig sehr stark wahr. Man spricht dabei auch von der sogenannten Frühjahrsmüdigkeit.
In der dunkleren Jahreszeit und mit abnehmendem Licht fühlen wir uns hingegen bereits recht früh müde. Das Schlafbedürfnis steigt an. Im Herbst und Winter kann sich jedoch der verminderte Lichteinfluss bei der mentalen Gesundheit bemerkbar machen. Das fehlende Tageslicht kann zu einem niedrigen Serotonin-Spiegel führen. Serotonin gilt als Glückshormon und wird ebenfalls zur Melatonin-Produktion benötigt. Fehlt es nun an diesem, so hemmt dies nicht nur den Schlaf, sondern fördert auch das Risiko einer depressiven Erkrankung. Bei Depressionen wird meist auch ein Serotonin-Mangel diagnostiziert, was Schlafstörungen als Begleiterscheinung zur Folge haben kann.
Auch das Lebensalter wirkt sich auf die Melatonin-Ausschüttung aus. Im Kindesalter steigt die Melatonin-Produktion an. Gegen Ende der Pubertät erreicht diese ihren Höhepunkt, was mit unter eine Erklärung für das hohe Schlafbedürfnis bei Jugendlichen sein kann, und nimmt dann mit zunehmendem Alter wieder ab. Bei älteren Leuten lässt sich das Schlafhormon kaum bzw. nur noch in geringen Mengen nachweisen. Dies könnte auch ein Grund dafür sein, warum ältere Menschen schlechter einschlafen, als junge Leute.
Melatonin senkt die Stimmung
Melatonin gilt auch als Grübelhormon. Im Gegensatz zu Serotonin, welches stimmungsaufhellende Eigenschaften besitzt, verleitet Melatonin zum Grübeln. Wer nachts wachliegt und seinen negativen Gedanken nachgeht, sollte sich deshalb stets vor Augen führen, dass dies eine Neben- bzw. Auswirkung des Schlafhormons sein kann. Dieses Wissen bzw. Bewusstmachen kann dabei helfen, dem nächtlichen Gedankenkarussell zu entfliehen und wieder weiterzuschlafen.
Das nächtliche Hormon-Karussell
Doch nicht nur das Melatonin beeinflusst unseren Schlaf. In den Tiefschlafphasen schüttet der Körper auch verstärkt Wachstumshormone (Somatropin), sogenannte Human Growth Hormone (HGH) aus. Dieses ist hauptsächlich für den Muskel- und Knochenwachstum – vor allem bei Kindern – relevant. HGH sind aber auch ein wichtiger Faktor für den Erholungsprozess. Die Wachstumshormone unterstützen die Wundheilung, sorgen für Ersatz von abgestorbenen Zellen, aktivieren das Immunsystem und regen die Kommunikation zwischen den Nervenzellen an. Somatropin reguliert zudem die Fett- bzw. Magermasse unseres Körpers.
Auch Ghrelin und Leptin sind zwei wichtige Hormone, welche im Wechselspiel zueinander agieren. Ghrelin sorgt untertags für das Hungergefühl, Leptin hingegen für das Sättigungsgefühl während der Nacht. Schlafmangel und Schlafprobleme bringen jedoch dieses wechselseitige Gleichgewicht durcheinander, was zu einer Gewichtszunahme führen kann.
Ebenso spielen die Blutzuckerhormone Insulin und Glucagon eine wichtige Rolle. Insulin übernimmt die Transportfunktion von Zucker, Eiweiß, Fetten in die jeweiligen Zellen. Personen die unter Schlafstörungen leiden, haben nachts meist auch einen zu hohen Insulinspiegel. Das erhöht das Risiko einer Diabetes Erkrankung.
Im Zusammenhang mit Schlaf gibt es noch zahlreiche weitere wichtige Hormone, Nukleoside, Botenstoffe und Neurotransmitter, die diesen beeinflussen. Beispielsweise Histamin oder Adenosin. Bei Histamin handelt es sich um einen Neurotransmitter, welcher im Wachzustand anregend auf die Hirnrinde wirkt und den Schlaf-Wach-Rhythmus sowie die Lernfähigkeit beeinflusst. Adenosin hingegen zählt zu den Nukleosiden und ist somit weder ein Neurotransmitter, noch ein Hormon. Es ist jedoch maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Schlaf eingeleitet wird. Adenosin hemmt sämtliche aktivierenden und wachmachende Neurotransmitter, wie Dopamin, Noradrenalin oder Acetylcholin. Dadurch erweiterten sich die Blutgefäße und der Blutdruck sinkt. Der natürliche Adenosin-Spiegel steigt untertags an und sinkt im Schlaf wieder ab. Koffein beispielsweise blockt Adenosin. Mitunter ein Grund, wieso man abends keine koffeinhaltigen Getränke mehr konsumieren sollte.
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