Wer sich schon „schief“ oder „zerschlagen“ fühlt kann berechtigt annehmen, dass seine mittleren Körperachsen nicht mehr im Lot mit der Schwerkraft sind. Dies sind Bereiche, mit denen sich die medizinische Orthopädie und andere Fachrichtungen noch viel zu wenig beschäftigen und so die eigentlichen Ursachen der Beschwerden unerkannt bleiben. Rolfing-Therapeuten, Osteopathen, Spiral-Dynamiker und speziell ausgebildete Physio-Therapeuten und Chiropraktiker beschäftigen sich damit häufiger. Dadurch sind auch die Möglichkeiten, die tatsächlichen Ursachen zu beheben, im Regelfall sehr gut, vorausgesetzt die degenerativen Prozesse sind noch nicht zu weit fortgeschritten. In jedem Fall lassen sich mit einer solchen Vorgangsweise Beschwerden und Schmerzen stark lindern. Da die Schwerkraft eine „biologisch ordnende Kraft“ ist, hat die Schöpfung ein ganz besonderes Gewebe erschaffen, welches genau diese ordnende Funktion in unserem Körper wahrnimmt: die Faszien – auch Bindegewebe genannt. Das Faszien- oder Bindegewebe ist ein verflochtenes Gewebe-System, das alle Bestandteile des Organismus zusammenhält, sie am adäquaten Platz fixiert und letztendlich alles miteinander verbindet. Sehnen, Muskeln, Gefäße, Knochen, und Nerven werden durch das Fasziengewebe zu einem zusammenhängenden Organismus verbunden. Gleichzeitig trennt das Gewebe auch alle diese Strukturen voneinander, sodass nichts miteinander verklebt und wir beweglich sind. So gegensätzlich sich das auch anhören mag, die Bezeichnung verrät es, es ist ein Gewebe das bindet, verbindet und trennt.
Gerade diese Trennschichten sind in einem dreidimensionalen System wie dem menschlichen Körper ganz wesentlich. Daraus folgt die Erkenntnis, dass sich eigentlich nicht ohne weiteres sagen lässt, welche Funktion wichtiger ist, die „bindende“, „verbindende“ oder „trennende“. Ganz zu schweigen davon, ob man auf eine der Funktionen verzichten könnte. Deshalb sind die Faszien oder das Bindegewebe heute viel mehr im Fokus der Spezialisten und Therapeuten als früher. Denn das Bindegewebe trennt und verbindet auf gleiche Weise wie das Zwerchfell einzelne Muskelfaserbündel, Muskeln sowie Muskeln und Knochen. Damit wird erst die Form, Funktion und Beweglichkeit unserer inneren Organe möglich. Deshalb kann man heute davon ausgehen, dass so manches „innere Problem“ gar nicht so sehr einer bisher üblichen Behandlung, Medikation oder gar Operation bedarf, sondern vielmehr in einer Auflösung und Befreiung des meistens verklebten oder verhärteten Faszien- oder Bindegewebes. Durch zu vieles Sitzen, flach schlafen und Bewegungsmangel verklebt das Fasziengewebe beim Zivilisationsmenschen immer häufiger und so geht auch die ursprüngliche Elastizität der Muskulatur und damit gleichzeitig die Beweglichkeit verloren.
Und die Ursache liegt, wie im ersten Artikel der Serie nachgelesen werden kann, in einer Disharmonie zwischen Körper und Schwerkraft, woraus sich die Symptome und Beschwerden des „Schwerkraft-Mangel-Syndroms“ entwickeln. Darüber hinaus haben diese Gewebe noch andere erstaunliche Eigenschaften und Funktionen, so dient das Bindegewebe aufgrund seiner hohen Wasserbindefähigkeit auch als wichtiger körpereigener Wasserspeicher. Und – so mancher wird staunen – auch an der Abwehrfunktion unseres Körpers ist das Fasziengewebe maßgeblich beteiligt. Es bildet nämlich eine bedeutende Barriere für das Eindringen von „Fremdkörpern“. Zudem befinden sich sogenannte Fresszellen im Fasziengewebe, die Mikroorganismen und Gewebetrümmer mit entsprechenden Enzymen auflösen können.
Bildquelle: ©kybun
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