Lesedauer: 3 Minuten
Fußball zählt auch im deutschsprachigen Raum seit langem zu den beliebtesten Sportarten. Millionen Anhänger und Sportinteressierte verfolgen in den Stadien und auf den Bildschirmen jede Woche unzählige Spiele. Insbesondere die deutsche Bundesliga mit ihren Top-Klubs Bayern München, BVB, Schalke, RB Leipzig etc. ziehen die Menschen in ihren Bann. Da geht es um Sieg, Niederlage, Ruhm und oft um unvorstellbar viel Geld. Umso verwunderlicher scheint es, dass sich die wenigsten Vereinsvorstände, Sportmanager, Sponsoren, Sport-Mediziner oder Physiotherapeuten um einen der wichtigsten Faktoren für Leistung und Regeneration aber auch in Richtung Spieler-Gesundheit kümmern: nämlich den Schlaf. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig man sich mit diesem wichtigen Thema überhaupt im Spitzensport beschäftigt. Auch in der Praxis zeigt sich, dass die Schlafplätze von Spitzensportlern und Profi-Fußballern samt ihren Schlafgewohnheiten in der Regel nicht den Anforderungen an einen gesunden Schlaf entsprechen.
Enormes Verletzungsrisiko durch fehlenden Schlaf
Fest steht, dass mittlerweile 80 Prozent aller Erwerbstätigen über einen schlechten Schlaf, Schlafstörungen oder zu wenig Schlaf klagen. Und in der Folge mit den zahlreichen Nebenwirkungen zu kämpfen haben:
- Tagesmüdigkeit,
- Leistungsabfall,
- Unkonzentriertheit,
- Kopfschmerzen,
- Herz-Kreislaufstörungen,
- Verdauungsstörungen,
- depressive Verstimmungen,
- Angstzustände etc.
Sind davon Spitzensportler und vor allem Profi-Fußballer ausgenommen? Ich behaupte NEIN – im Gegenteil. Und Schlafprobleme wirken sich gerade bei Profi-Fußballern noch viel katastrophaler aus, als bei Beschäftigten verschiedenster Berufsgruppen. Denn mit der Schlafstörung und dem verkürzten Schlaf sinkt nicht nur das Leistungsvermögen, sondern steigt auch das Verletzungsrisiko enorm. Im Extremfall um das 6,5-fache (!) im Vergleich zu guten Schläfern mit genügend erholsamem Schlaf.
Gerade in den höchsten Ligen sind die Spieler häufig extremen Belastungen und Bedingungen ausgesetzt, die den Schlaf stören und in vielen Fällen zu einem chronischen Schlafentzug führen können. Dazu zählen potentielle akute und chronische Stressfaktoren (psychologische, soziologische und physiologische Stressoren), die insbesondere Profi-Fußballern zu schaffen machen und sich auf die Schlafqualität, Schlafdauer, Schlafkontinuität und Schlafeffizienz negativ auswirken.
Schlaf ist Regenerationsfaktor #1
Aus wissenschaftlicher Sicht ist Schlaf der wichtigste Regenerationsfaktor für Körper und Psyche. Denn immerhin 70 Prozent der körperlichen und sage und schreibe 100 Prozent (!) der mental-psychischen Regeneration hängen vom Schlaf ab! Es ist nicht zu übersehen, dass aufgrund der zunehmenden Schlafprobleme die körperlich-mentale Erschöpfung, samt Leistungsabfall und Verletzungsrisiko bei zahlreichen Profi-Fußballern immer offensichtlicher wird. Gleichzeitig steigt das Risiko für psychische Störungen bis hin zur Depression.
Schlechte Voraussetzungen
Insbesondere die Abendspiele und Spiele mit erhöhter Reisetätigkeit führen zu zahlreichen physiologischen und kognitiven Veränderungen und sind für eine optimale Regeneration durch Schlaf nicht förderlich. Diese Thematik wird immer öfter diskutiert, da auch die Umweltbedingungen und Gewohnheiten an den zunehmenden Schlafstörungen von Profi-Fußballern ebenfalls eine wichtige Rolle spielen. Da geht es um das beinahe taghelle Licht im Stadion, die Blaulicht-Emissionen von Bildschirmen und Smartphones bis hin zu den individuellen Verhaltensweisen im Zusammenhang mit abendlichen Fußballspielen (z. B. Schlaf am Nachmittag, erhöhter Koffeinkonsum, Alkoholkonsum nach den Spielen etc.). Zudem kommen die Spieler automatisch in eine psycho-physiologische Erregungssituation, Stresshormone werden ausgeschüttet, die Körpertemperatur erhöht sich, Muskeln werden in extreme Spannungssituationen gebracht, das Herz-Kreislaufsystem wird auf Hochtouren gebracht u.v.a. Da ist es fast unmöglich, in den ersten drei bis vier Stunden nach einem Spiel an Schlaf zu denken.
Auch die psychische Belastung ist durch nächtliche Wettkämpfe, straffe Trainings- und Spielpläne sowie eine notwendige hohe Reisetätigkeit in der Zwischenzeit für viele bereits unerträglich hoch geworden. Dazu kommt Erfolgsdruck vom Trainerstab, Vereinsvorstand, von den Sponsoren, Anhängern und Fans. Dies führt mehr oder weniger automatisch zu einem schlechten, gestörten oder verkürzten Schlaf. So verkürzten sich sowohl die für die körperliche Regeneration wichtigen Tiefschlaf-Phasen als auch die für die Verarbeitung von emotionalem Stress unverzichtbaren REM-(Traum)-Phasen.
Dadurch kommt es zu starken Regenerationsdefiziten, zu einer gestörten Muskelglykogen-Sättigung, zu einer starken Reduktion der nächtlich wichtigen Reparaturmechanismen für z.B. Mikroverletzungen in der Muskulatur usw. Ebenfalls nimmt die Stress-Resistenz rapide ab. Und im gleichen Ausmaß wie sich der Körper nicht mehr ausreichend erholen kann, verändern sich auch die kognitiven Funktionen und die Tendenz zu mentaler Erschöpfung nimmt drastisch zu.
Die Rolle des Schlafs für eine optimale Regeneration von Körper und Psyche ist gerade bei Spitzensportlern und Profi-Fußballer sehr komplex und zusätzliche Forschungen sind notwendig, wenn es um die quantitative und qualitative Bedeutung des Schlafes geht. Effiziente und individuelle Lösungen rund um den Schlaf werden daher für die Berufsgruppe der Profi-Fußballer aus meiner Sicht dringend benötigt. Dies auch unter dem Aspekt, dass der langfristig schädliche Schlafmittelkonsum auch vor den Spitzensportler/innen und Profi-Fußballern nicht Halt macht!
Langsames Erwachen
Doch es scheint im Profisport ein langsames Erwachen rund um den gesunden Schlaf zu geben. Standen bisher in den Trainingsplänen Kondition, Technik, Ernährung, Sportmedizin, Physiotherapie und Regeneration bereits auf dem Plan, kommt jetzt immer häufiger das Schlafthema in den Fokus. Schlafbiologisch und schlafmedizinisch zwar noch nicht auf einem hohen Niveau, aber immerhin dringt das Thema Schlaf in das Bewusstsein der Spieler, Trainer, Sport-Mediziner und -Psychologen langsam aber sicher vor. Und dies vor allem deswegen, weil unerklärlicher Leistungsabfall und Verletzungssorgen in der Zwischenzeit durch die hohe Leistungsdichte an der Tagesordnung stehen. Und weil sich auch viele Profi-Fußballer immer öfter outen, dass sie mit ihrem Schlaf Probleme haben, sich immer öfter depressiv fühlen oder nahe an einem Burnout sind. Bereits auf dem Sportmediziner-Kongress 2012 in Pforzheim hat sich gezeigt, dass die Probleme rund um den Schlaf im Profi-Sport viel größer sind als bisher angenommen, vor allem bei den Profi-Fußballern.
Was sagt die Wissenschaft zu diesem Thema? Und – gibt es einen Ausweg? Lesen Sie dazu mehr im Artikel „Ausweg aus der Stress-Spirale und Schlaflosigkeit im Profi-Fußball“.
Bildquelle: @deathtostockphoto
Quelle: Redaktion – Einfach gesund schlafen
Schreibe einen Kommentar