Der Schlaf- und Gesundheitsexperte Dr. med. hc. G. W. Amann-Jennson spricht über die Wichtigkeit von Dunkelheit am Schlafplatz und die Einflüsse auf unser „Schlaforgan“ – die Zirbeldrüse (Epiphyse) – welche das wichtige Schutz- und Schlafhormon Melatonin erzeugt. Er beschreibt auch die Zusammenhänge rund um den gesunden Schlaf und Melatonin.
Sehr wichtig für gesunden Schlaf und die Allgemeingesundheit: Dunkelheit am Schlafplatz wegen dem Schutzhormon Melatonin!
Martin Böckle: Heute geht es um den Schlafplatz, also jenen Platz wo wir in der Nacht schlafen. Sie propagieren ja schon seit vielen Jahren den störungsfreien Schlafplatz. Ein oft nicht beachteter Störfaktor für Schlaf und Gesundheit ist das Licht. Wie hängt dies zusammen?
GWA: Wenn es um den gesunden Schlaf geht, sind als konstante Schlüsselfaktoren das Bett/Schlafsystem, der Schlafraum und speziell der Schlafplatz wichtig. Licht ist einer der wichtigsten Steuerungsfaktoren für Wachheit. Das heißt, Licht hält uns wach und Licht macht uns wach. Unser Schlaf-Wach- bzw. Tag-Nacht-Rhythmus hat sich über Hunderttausende von Jahren hinweg entwickelt und wird hauptsächlich durch Licht gesteuert: Mit einsetzender Dunkelheit erhöht der Körper die Produktion des schlaffördernden Hormons Melatonin, der gesamte Körper wird dadurch auf Nacht und Schlaf eingestimmt.
Martin Böckle: Welche Bedeutung hat in diesem Zusammenhang das Sonnen- und Tageslicht auf den Schlaf?
GWA: Am Tag, wenn die Sonne scheint oder wenn es hell ist, sind wir normalerweise munter und wach. In der Nacht, wenn es dunkel ist, schlafen die Meisten von uns. Durch die Sonneneinstrahlung wird im Gehirn der Botenstoff Serotonin produziert, oftmals als Glückshormon bezeichnet. Es sorgt für Antrieb, Stimmung und Impulsivität, aber auch für den Sexualtrieb. Sonnenlicht reduziert zusätzlich die Ausschüttung des Hormons Melatonin, das für die Hautpigmentierung verantwortlich ist, aber ebenso die Verdauung verlangsamt und den Kreislauf träge macht. Und was den Schlaf anbelangt, ist wichtig zu erkennen: das Serotonin ist chemisch gesehen die Vorläufersubstanz von Melatonin – und umgekehrt.
Martin Böckle: Das heißt, wenn wir genügend Sonne am Tage haben, dann wird auch mehr Serotonin produziert. Und wenn es am Abend dunkel ist, kann deshalb mehr von dem für den Schlaf wichtigen Hormon Melatonin produziert werden.
GWA: Genau so ist das. Wir haben in unseren Augen ganz bestimmte Rezeptoren, die auf Licht reagieren. Dadurch wird unter anderem die Funktion der Zirbeldrüse gedrosselt oder blockiert. Diese Drüse produziert das Schlafhormon Melatonin. Das heißt, für die ausreichende Produktion von Melatonin braucht es 2 Dinge. Am Tag genügend Sonnenlicht und am Abend und während der Nacht Dunkelheit.
Martin Böckle: Also sollte an unserem Schlafplatz kein störendes Licht vorhanden sein. Weder von außen noch von innen. Das könnte den Schlaf negativ beeinflussen?
GWA: Ja, Untersuchungen und Schlafmessungen zeigen, dass schon kleine Lichtreize das Ein- und Durchschlafen beeinflussen. Deshalb ist ein schlafbiologisch optimierter Schlafplatz idealerweise absolut dunkel. Nur so werden die Licht-Rezeptoren die Blockade in der Zirbeldrüse vollkommen aufheben und ausreichend Melatonin ausschütten. Das Hormon steuert unseren Tag-Nacht-Rhythmus. Zudem ist das Melatonin ein sogenanntes Schlüsselhormon, beeinflusst auch andere Hormone. Das ist nicht nur für den Schlaf wichtig, sondern das Melatonin ist z.B. für das Immunsystem ganz wichtig und unter anderem ein aktiver Krebsschutz. Und durch die hohe Regenerationskraft ist Melatonin der beste natürliche Jungbrunnen. Es ist aber längst nicht alles erforscht.
Martin Böckle: Und weil das Licht so einen großen Einfluss auf unseren Schlaf hat, gibt es noch etwas Wichtiges. Da geht es um Computer, Flachbildschirme und Smartphones. Was ist da der Hintergrund?
GWA: Die Rezeptoren in unserer Netzhaut reagieren vor allem auf Blautöne im Licht. Dieses hat eine besonders starke Signalwirkung auf die Zirbeldrüse. Dadurch glaubt die Zirbeldrüse, es ist taghell und stoppt die Produktion von Melatonin. Das hält uns wach und wir können dadurch schlecht einschlafen. Also 2 Stunden vor der Schlafzeit sollte man Computer, Smartphones und Flachbildschirme meiden, denn diese haben einen hohen Blaulichtanteil.
Martin Böckle: Dies bedeutet, dass die Zirbeldrüse ein sehr sensibles Organ ist. Man hört immer wieder, dass diese Drüse auch auf magnetische Einflüsse reagiert. Sie schreiben darüber ja auch in Ihrem Buch „Schaf dich jung, fit und erfolgreich“ – das kann man übrigens downloaden.
GWA: Ja, Information ist sehr wichtig. Vereinfacht ausgedrückt ist die Zirbeldrüse ein sogenanntes Magnet-Organ. Das bedeutet, dass neben Licht auch elektromagnetische Wellen anderer Quellen ebenfalls zu biologischen Reaktionen führen können. Licht ist ja nichts anderes als eben elektromagnetische Frequenzen im sichtbaren Bereich. Die Zirbeldrüse reagiert aber auch auf natürliche Magnetfelder wie eben das natürliche Erdmagnetfeld. Das ungestörte Erdmagnetfeld spielt bezüglich des gesunden Schlafs ebenfalls eine wichtige Rolle.
Dies ist wissenschaftlich seit knapp 30 Jahren belegt. Und deshalb ist es logisch, dass auch künstliche elektromagnetische Felder – man spricht hier als Sammelbegriff von Elektrosmog – die Produktion von Melatonin negativ beeinflusst. Einmal indirekt dadurch, dass das natürliche Erdmagnetfeld überlagert wird und andererseits, weil Elektrosmog wie Licht auf die Zirbeldrüse wirkt und die Produktion von Melatonin verzögert, hemmt oder gar blockiert.
Martin Böckle: Was bedeutet dies nun konkret für meinen Schlafplatz?
GWA: Daraus ergeben sich einige klare Vorgaben für einen optimalen Schlafplatz. 1. Dunkelheit 2. keine elektromagnetischen Belastungen.
Martin Böckle: Die Dunkelheit lässt sich in der Regel schaffen. Was machen wir aber mit den ganzen elektrischen und magnetischen Feldern im Schlafraum, diese sind ja zwischenzeitlich überall?
GWA: Dicke Vorhänge, noch besser Rollos schirmen die Lichteinflüsse von außen ab. Dann ist dafür zu sorgen, dass sonst keine Lichtquellen im Raum vorhanden sind. Auch Standby-Beleuchtungen können da schon stören. Bezüglich der künstlichen Energiefelder hat sich die unter meiner Leitung entwickelte großflächige Körpererdung bestens bewährt.
Messungen im Schlaflabor haben gezeigt, dass dadurch das Ein- und Durchschlafen wesentlich verbessert wird. Auch wurde nachgewiesen, dass die Melatoninproduktion dadurch noch verbessert wird. Und vergessen wir nicht: gesunder Schlaf ist die Voraussetzung für Gesundheit, Wohlbefinden, Erfolg und Lebensfreude. Unser Körper heilt sich selbst – vor allem im Schlaf – wir müssen ihm nur die Voraussetzungen dafür geben.
Martin Böckle. Ich danke für das interessante Gespräch.
Weitere Informationen zum Schlafhormon Melatonin
Das Schlafhormon Melatonin wird in der Zirbeldrüse, auch Epiphyse, gebildet. Das Licht hemmt die Produktion von Melatonin, so dass der natürliche Tag-Nacht-Rhythmus im menschlichen Melatonin-Hormonhaushalt geregelt wird. Mit Zunahme der Dunkelheit wird mehr und mehr Melatonin erzeugt. Neben der Zirbeldrüse wird Melatonin auch noch im Darm und in der Netzhaut des Auges erzeugt. Altersbezogen gibt es bei der Melatoninkonzentration Unterschiede. So steigt die Konzentration bei älteren Menschen bis Faktor drei und bei jungen Menschen bis Faktor 12 an. Der Höhepunkt der Melatoninproduktion ist ca. um 3 Uhr, was jedoch jahreszeitenbezogen variieren kann.
Das Melatonin spielt auch beim Jet-Lag oder beim Schichtarbeiten eine entscheidende Rolle. Die Anwendung in Form von Tabletten ist medizinisch und wissenschaftlich umstritten. Es hat die wichtige Rolle die circadian-rhythmischen Vorgänge im Körper zu koordinieren und gilt somit als Zeitgeber. Melatonin, welches in der Tiefschlafphase ausgeschüttet wird, regt wiederum die Ausschüttung von Somatropin (Wachstumshormon im menschlichen und tierischen Organismus) an. Chronisch-bedingte Störungen können zu einer Somatopause führen. Sie tritt meist im mittleren Alter auf (3. bis 6. Lebensjahrzent) – teils parallel zur Menopause (Aussetzen der weiblichen Menstruation) und Andropause (Abnahme des männlichen Hormons Testosteron). Ein sinkender, aber auch ein steigender Melatoninspiegel im Blut können Schlafstörungen und Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus hervorrufen.
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