Im Zuge der COVID-19-Pandemie hat sich das Suchtpotenzial des mobilen Internets nur verschlimmert – in unzähligen Haushalten scrollen Menschen sich auch nachts noch von einer negativen Nachricht zur nächsten. Das beeinträchtigt nicht nur kurzfristig das Gemüt, sondern schadet auf lange Sicht dem Schlaf und somit der Gesundheit.
Auf Englisch nennt man dieses Phänomen “Doomscrolling” – grob übersetzt ist damit das Durchblättern von Beiträgen gemeint, die ein Gefühl der Verdammnis hervorrufen. Klingt düster, ist es auch: Selbst im Wissen, dass auch ein erneutes Aufsuchen bestimmter Webseiten Ängste und Sorgen nur verschlimmern wird, kann man einfach nicht damit aufhören.
Korrelation zwischen News und Schlafstörungen
Eine im Juli 2020 veröffentlichte kollaborative Studie der Université de Paris u.a. zeigte, dass unaufhörlicher Nachrichtenkonsum den Schlaf negativ beeinflusst. 73 % der Studienteilnehmer ga
ben an, während der Pandemie schlechter zu schlafen als zuvor. Die Schlafstörungen fielen gravierender aus, je mehr Aufmerksamkeit der Berichterstattung zur Pandemie geschenkt wurde. Am stärksten von diesen Schlafproblemen betroffen waren Frauen, Arbeitslose und Menschen mit finanziellen Schwierigkeiten. Ob das Nachrichtenlesen die Schlafstörungen mitverursacht oder verstärkt, lässt sich nicht sagen. Man könnte auch spekulieren, dass Personen die generell zu Ängstlichkeit und Sorgen neigen, sich besonders in Zeiten der sozialen Isolation und Verunsicherung eingehend mit diesen beschäftigen, und ebenfalls zu Schlafstörungen tendieren. Wie dem auch sei: Dass diese nächtliche Negativspirale alles andere als hilfreich ist, steht außer Frage.
Stresshormone durch schlechte Nachrichten ausgeschüttet
Je mehr wir über nicht abreißende Infektionswellen und wirtschaftliche Probleme lesen, umso mehr wird auch der Hormonhaushalt involviert. Das Wahrnehmen von Gefahren aktiviert die Ausschüttung von Stresshormonen wie Adrenalin und Kortisol. In der Evolution gab uns dieser Mechanismus die Chance, auf bedrohliche Situationen schnell mit Flucht oder Kampf reagieren zu können. Werden wir heute mit diffusem Unheil konfrontiert, bleibt diese hormonelle Reaktion allerdings unausgelebt und äußert sich in Anspannung und Angst.
Diese aktuellen Umstände kommen erschwerend zu der bereits bekannten Schlafregel hinzu, dass Handy, Tablet und Computer vor dem Schlafengehen vermieden werden sollten. Der Grund dafür liegt in den Blaulichtanteilen, die von den Bildschirmen ausgehen. Dieses Licht stört die körpereigene Produktion des schlafregulierenden Hormons Melatonin, welches uns ein- und durchschlafen lässt.
Alles zu seiner Zeit
Natürlich lässt die Berichterstattung zur Pandemie (und anderen Krisen) sich nicht völlig ausblenden. Einen gesunden und dennoch ausreichend informierten Mittelweg findet man, indem man sich täglich bestimmte Zeitfenster für die Nachrichten einräumt. So kann man z.B. bis zu 30 Minuten pro Tag über die Entwicklung der Sachlage lesen, jedoch nicht nach dem späten Nachmittag. Außerhalb dieses Zeitrahmens sollte das Internet höchstens zur Arbeit oder leichten Unterhaltung genutzt werden. So kann man es schaffen, die Sorgen konzentrierter zu halten, und nicht völlig von ihnen vereinnahmt zu werden.
Um sich das abendliche Scrollen abzugewöhnen, kann man neue Schlafroutinen einführen, die zugleich entspannend sind und Spaß machen – von Puzzlelegen über Teestunde bis Yoga ist alles erlaubt. Außerdem lässt sich bereits nach wenigen Tagen bei den meisten Menschen deutliche Besserung feststellen, wenn sie sich konsequent an die Grundregeln der Schlafhygiene halten. Dazu gehören u.a. regelmäßige Bewegung an der frischen Luft, ausgewogene Ernährung, eingehaltene Wach- und Bettzeiten und gute Psychohygiene. Dies alles fördert den gesunden Biorhythmus und somit den regelmäßigen, erholsamen Schlaf, und dämmt Stress und Ängste ein.
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