In vielen Fällen entspricht das biologische nicht dem sogenannten chronologischen Alter nach der reinen Zeitrechnung. Für die Ermittlung des biologischen Alters reichen die Methoden vom simplen Selbsttest im Internet über detaillierte Befragungen bis hin zu technisch höchst aufwändigen Verfahren, z.B. durch Untersuchungen mit dem Kernspintomographen, der Körperzusammensetzungs-Analyse, dem EKG in Ruhe und unter Belastung usw. Ergänzt werden diese Verfahren durch Gedächtnis-Tests, Untersuchungen des Zustandes der Muskulatur, durch Prüfung der Sinneswahrnehmungen und psychologische Fragen. Solche umfassenden Diagnosemethoden sind natürlich zeitraubend und kostspielig.
Mit einem Fragebogen, wie ihn der amerikanische Internist und Bestseller-Autor Dr. Michael R. Roizen zusammengestellt hat, lässt sich das biologische Alter ziemlich exakt und einfach berechnen. Da werden Fragen zu 125 Gesundheitsfaktoren, zu alltäglichen Verhaltensweisen und Gewohnheiten gestellt. Dabei werden vorhandene und überstandene Krankheiten abgefragt, aber auch der gesamte Lebensstil, einschließlich sozialer Kontakte, körperlicher Aktivitäten, Essgewohnheiten, Zahnpflege und Schlafdauer einbezogen.
Die Feststellung des biologischen Alters in Roizens Test basiert auf der Berechnung des Sterberisikos für die einzelnen Faktoren. Dazu wurden mehr als 25.000 Studien ausgewertet, die Daten über das Altern und die Vermeidung des Alterns enthielten.
Das wirkliche biologische Alter beruht auf vielen Faktoren, von denen die meisten positiv beeinflussbar sind. Die Menschen werden immer älter, doch in welcher Verfassung sie ein hohes Alter erreichen, das hängt weitgehend von jedem Menschen selbst ab. Nur 30 Prozent aller Alterserscheinungen sind laut dem amerikanischen Altersforscher Dr. Michael Roizen genetisch bestimmt.
Aus dem Fragebogen ableitend, ergeben sich unter anderem folgende Tipps, um das biologische Alter zu senken:
- dreimal täglich frisches Obst und/oder Gemüse essen
- täglich kalziumreiche Nahrungsmittel verzehren
- täglich die Zähne gründlich mit Bürste und Zahnseide reinigen
- mit dem Auto an Geschwindigkeitsbegrenzung halten
- nur die dringend benötigten Arzneimittel, diese aber genau nach Vorschrift, einnehmen
- konsequent jeden Tag frühstücken
- ausreichend schlafen
- nicht Rauchen
- regelmäßig Ausdauersport betreiben
Kurz gesagt: ein gesundes Leben führen, um länger gesund zu leben.
Eine aktuelle US-Studie mit Mäusen unterstützt die Aussage, dass Sport ein sehr effektives Mittel gegen das Altern ist. Sport beugt demnach tatsächlich vorzeitiger Alterung vor. Selbst Mäuse, die aufgrund einer genetischen Veränderung zum vorzeitigen Altern neigen, bleiben bei regelmäßiger Bewegung vital und fit. Das hat ein kanadisches Forscherteam gezeigt.
Rannten die Tiere dreimal die Woche 45 Minuten im Laufrad, blieben sie aktiver, sahen jünger aus und lebten sogar länger als ihre untrainierten Artgenossen. Der Effekt war so stark, dass sich die Alterungsgeschwindigkeit der gentechnisch veränderten Tiere, praktisch nicht mehr von der Alterung, der genetisch unveränderten Mäuse, unterschied.
Diese Ergebnisse lassen sich den Wissenschaftlern zufolge auch auf den Menschen übertragen, denn die Bewegung verstärkt offenbar die Reparaturkapazitäten in den Zellkraftwerken, den Mitochondrien. Deren Leistungsverlust gilt auch beim Menschen als Schlüsselfaktor beim Altern, erklärte das Team um Mark Tarnopolsky von der McMaster University im kanadischen Hamilton im Fachjournal „PNAS“.
Dass Sport ein effektives Anti-Aging-Mittel sein kann, haben allerdings auch schon ältere Studien gezeigt. Eine Forschergruppe vom King´s Collage in London wies 2008 nach, dass die Zellen körperlich aktiver Menschen biologisch bis zu zehn Jahre jünger sein können, als die von Sportmuffeln. Warum, wussten auch die britischen Wissenschaftler nicht genau. Sie vermuteten, dass die entzündungshemmende Wirkung von körperlicher Bewegung eine entscheidende Rolle spiele. Diese führe womöglich dazu, dass oxidativer Stress in den Zellen abgebaut werde, was sich positiv auf die Telomer-Länge auswirke, hieß es in der Studie. Telomere sind kettenförmige DNA-Bausteinchen, die als Schutzkappen auf den Enden der Chromosomen stecken und das Erbgut gegen Angriffe wappnen. Telomere gelten als eine Art molekulare Uhr. Anhand ihrer Länge können Wissenschaftler das biologische Alter eines Menschen abschätzen: Je kürzer sie sind, umso höher ist das Risiko für Altersleiden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Demenz, Osteoporose, Krebs und Diabetes.
Schon seit einiger Zeit weiß man, dass Stress negative Spuren in den menschlichen Zellen hinterlässt. Er bewirkt etwa, dass die Telomere schneller schrumpfen. Dass Telomere sich im Laufe des Lebens verkürzen, ist normal. Psychische Belastung scheint das Ticken der „Zell-Uhren“ jedoch enorm zu beschleunigen. Ob und wie sich dieser vorschnelle Verschleiß aufhalten lässt, war bislang nicht klar. Der Psychiater Eli Puterman der University of California in San Francisco und seine Mitarbeiter sind dem Geheimnis des gesunden Alterns nun einen Schritt näher gekommen. Sie konnten zeigen, dass Stress bei sehr gesundheitsbewussten Menschen weniger molekulare Schäden hinterlässt. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass ein gesunder Lebensstiel stressresistenter macht.
Schlaf ist eine entscheidende Komponente eines gesunden Lebensstils und spielt daher eine wichtige Rolle für die körperliche Gesundheit. Laufender Schlafmangel führt nachweislich zu einem erhöhten Risiko von Herzerkrankungen, Nierenerkrankungen, Bluthochdruck, Diabetes und Schlaganfall. Schlafmangel erhöht darüber hinaus das Risiko von Übergewicht, bringt den Hormonhaushalt durcheinander und schwächt das Immunsystem. Wie schnell oder langsam jeder Einzelne altert, liegt also in der eigenen Verantwortung. Oder wie Konfuzius sagte: „Wer sich heute nicht die Zeit nimmt, seine Gesundheit zu pflegen, muss sich morgen die Zeit nehmen, seine Krankheit zu heilen!“
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