Jahrzehntelang hat man bei Schmerzen des Rückens, Störungen der Wirbelsäule, Wirbelkörper oder Bandscheiben die Diagnose und Therapie im Fokus gehabt. Natürlich spielen diese und vor allem die Koordination untereinander eine wichtige Rolle. Immer mehr Menschen fühlen sich bereits unmittelbar nach dem Aufstehen „wie gerädert“ und haben Rückenschmerzen. Oft fühlt es sich wie Muskelschmerzen an und dabei ist auffallend, dass die Schmerzen nicht durch eine bestimmte Bewegung ausgelöst werden. Die Schmerzen treten dann auch zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Regionen des Rückens auf, einmal im unteren und ein anderes Mal im oberen Rückenbereich. Oft entstehen zusätzlich Nackenschmerzen und Spannungskopfschmerzen. Experten sind sich immer öfter darüber einig: der wahre Auslöser sind in solchen Fällen sehr oft die Faszien.
Das kollagenhaltige Bindegewebe umhüllt jeden Muskel, einzelne Muskelfasern sowie den Körper als Ganzes. Diese Bindegewebshüllen um unsere Muskeln wurden bisher viel zu wenig beachtet – sowohl in der Diagnose als auch in der Therapie. In der Vergangenheit haben die Faszien häufig nur im Zusammenhang mit Cellulite Beachtung gefunden. Wie so vieles andere, ändert sich auch dies gerade grundlegend. Denn Statistiken zeigen deutlich, dass bei Rückenschmerzen nur in etwa 20 Prozent die Bandscheiben eine dominante Rolle spielen. Beim verbleibenden Anteil von 80 Prozent ist die Schmerzursache meistens unklar, da keine organischen Ursachen feststellbar sind. Jetzt haben Forscher die eigentlichen Übeltäter für Schmerzen im Bewegungsapparat, vor allem auch bei chronischen Rückenschmerzen enttarnt: die Faszien.
Bewegung, Faszien-Training und gesunder Tiefschlaf
Es sind also die Faszien, die wesentlich für unsere Beweglichkeit und körperliche Leistungsfähigkeit verantwortlich sind. Die in unserem Körper vielverzweigte Faszienstruktur besteht aus Wasser, Kollagen, Zucker-und Eiweißverbindungen sowie aus verschiedenen „Klebstoffen“. Diese Kombination ist das Geheimnis von Elastizität und sorgt für eine koordinierte Bewegung unserer Muskeln im Beruf, in der Freizeit und beim Sport. Forscher wie Dr. Robert Schleip von der Universität Ulm haben nachgewiesen, dass die nur Millimeter starken Faszien enorm reißfest sind und trotzdem eine Zugkraft von mehr als 60 Kilogramm aushalten können. Öfters entstehen mikroskopisch kleine Risse in den Faszien, die in der Folge Schmerzen auslösen können. Die größten Feinde des Bindegewebes sind Bewegungsmangel, einseitige Belastungen und Überbeanspruchung, Ernährungsfehler, Schlafstörungen und Schlafmangel. So kommt es im Laufe der Zeit dazu, dass das Bindegewebe regelrecht verklebt. Da dieses im ganzen Körper vernetzt ist, verhärten so auch benachbarte Muskeln. Heute sind sich Spezialisten einig: die Vermeidung dieser Faktoren, ein gezieltes Training der Faszien, die richtigen Schuhe am Tag (kyBoot) und eine orthopädisch perfekte Schlafunterlage helfen gegen Rückenschmerzen am besten!
Faszien als Auslöser von Rückenschmerzen
In der Therapie des schmerzgeplagten Rückens haben die Faszien eine lange Zeit keine wirkliche Rolle gespielt, weil man in der Vergangenheit die Bedeutung der Faszien völlig unterschätzt hat. Diese zentrale Rolle für den gesamten Bewegungsablauf ist wissenschaftlich erst in den letzten Jahren in den Vordergrund getreten. Denn in Wirklichkeit sind es die Faszien, die dieses faszinierende Zusammenspiel zwischen Halt und Stabilität sowie Bewegung und flexibler Geschmeidigkeit erst möglich macht.
Deshalb ist es für Menschen, die gesund, beweglich, fit und schmerzfrei sein wollen so wichtig, dafür zu sorgen, dass das Bindegewebe elastisch und widerstandsfähig bleibt. Erst wenn das Fasziengewebe vernachlässigt wird, kommt es im Laufe der Zeit zu den muskulären Verspannungen und Schmerzen, außerdem nimmt die Verletzungsgefahr drastisch zu und man fängt sich viel öfter Zerrungen ein. Denn gerade die Fähigkeit der Faszien sich unabhängig von der Muskulatur zusammenzuziehen, schützt uns davor. Und das Erstaunliche ist – wer seine Faszien bewusst trainiert, kann sich nicht nur von Rücken- und Muskelschmerzen befreien, sondern verbessert auch seine Ganzkörperkoordination deutlich. Dies hängt damit zusammen, dass das Bindegewebe ebenfalls mit Sehnen, Bändern und Gelenkskapseln verbunden ist.
Viele Fragen sich an dieser Stelle sicher – wie kann man Faszien trainieren? Diese „Trainierbarkeit der Faszien“ ist in der Ausführung und im Ergebnis ganz spezifisch, denn es sind dazu langsame und achtsame Bewegungen notwendig. Zum Beispiel sind weiche und dynamische Dehnübungen sehr vorteilhaft, denn die Faszien reagieren am besten auf sogenannte „Dehnungsreize“. Deshalb zählen Yoga, Pilates, Tai Chi oder Qui Gong als ideales Faszien-Training.
Denn das Endziel ist es, wieder geschmeidig und beweglich zu werden wie eine Katze. Viele Physio-, Bewegungs- und Fitness-Therapeuten bieten ein gezieltes Faszien-Training an. Es genügen am Anfang zehn Minuten 2-3 Mal in der Woche. Wichtig: Faszien-Training braucht Geduld und Ausdauer, denn Veränderungen im Bindegewebe benötigen längere Zeit als in der Muskulatur.
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