Menschen können sich in den kalten Jahreszeiten nicht, wie einige Tierarten, in den Winterschlaf begeben. Viele Personen reagieren speziell im Winter mit Veränderungen im Lebens-, Ess- und Schlafverhalten. Ihre Stimmung leidet unter den kürzeren Tagen und den winterlichen Lichtverhältnissen. Sie fühlen sich müde und schlapp, leiden jedoch nicht unter einer Depression, sondern „nur“ unter der abgemilderten Form, dem sogenannten Winterblues. Bei einigen Betroffenen treten hingegen schwerwiegende Symptome auf, die sowohl die berufliche Leistung beeinträchtigen, als auch die familiären Beziehungen belasten. In diesen Fällen sprechen Mediziner von einer saisonal affektive Störung oder saisonal abhängige Depression, kurz SAD oder SAD-Syndrom.
Symptome der SAD
Es wird davon ausgegangen, dass hierzulande etwa zwei bis drei Prozent der Erwachsenen von einer schweren Form der SAD betroffen sind, wobei die Erkrankung bei Frauen häufiger auftritt, als bei Männern. Auch Kinder und Jugendliche können bereits unter einer saisonal affektiven Störung leiden. Die Patienten verfallen in eine tiefe Depression. Hoffnungslosigkeit und Traurigkeit bestimmen ihr Leben. Meist treten zusätzlich folgenden Symptome auf wie:
• Schlafstörungen
• Veränderungen der Essgewohnheiten, die letztendlich häufig zu Gewichtszunahmen führen
• Angstzustände, Schuldgefühle, Lethargie, Gereiztheit
• Abbruch sozialer Kontakte
Hinzu können körperliche Symptome wie Magen-Darm-Probleme, Gelenkschmerzen sowie ein geschwächtes Immunsystem kommen.
Ursachen deiner saisonalen Depression
Die Wissenschaft vertritt die Meinung, dass eine Störung im circadianen Rhythmus, die Hauptursache für ein SAD-Syndrom ist. Im Winter sind die Nächte lang und die Tage meist dunkel. Damit verliert die innere Uhr ihren Taktgeber, – das Licht. Die Folge ist, dass sich die innere Uhr verstellt, was sich auf die Stimmung, den Schlafrhythmus und das Essverhalten auswirkt.
Die Ursache ist demnach Lichtmangel im Winter. Der Tagesrhythmus und die Stimmung werden von Nervenzellen im Gehirn reguliert, welche durch die Lichtmenge, die auf die Augen treffen, stimuliert werden. Wenn es dunkel ist, produziert die Zirbeldrüse das Schlafhormon Melatonin und bei Helligkeit wird ein Weckprozess in Gang gesetzt und die Melatonin-Produktion eingestellt. Wenn die Lichtmenge, nicht ausreicht, zirkuliert weiterhin zu viel Melatonin im Blut und die Betroffenen bleiben tagsüber müde und abgeschlagen. Darüber hinaus steht auch die Serotoninproduktion (Glückhormon) mit dem Licht in Verbindung. Niedrige Serotonin-Werte sind einer der Auslöser von Depressionen.
Eine genetische Veranlagung hat zudem einen großen Einfluss darauf, ob sich eine Depression entwickelt oder nicht. Patienten, welche bereits unter einer anderen psychischen Störung leiden, sind häufiger von Winterdepressionen betroffen, als psychisch Gesunde.
Forscher wiesen zudem eine genetische Mutation nach, die im Verdacht steht, das Auftreten einer Winterdepression zu begünstigen. Personen, die diese Mutation aufweisen, sind weniger lichtempfindlich. Sie benötigen mehr Sonnenlicht als andere, um ihren ciracadianen Rhythmus optimal zu steuern und sind daher häufiger von einer saisonal abhängigen Depression betroffen. Doch selbst bei Menschen, bei denen diese genetische Grundveranlagung vorliegt, gibt es einige, die bisher nicht erkrankten.
Den Grund hierfür sehen die Wissenschaftler in den Serotonintransportern, welche die Aufgabe besitzen, Serotonin aus dem Gehirn zu entfernen. Es handelt sich um ein Protein der Zellmembran, das den Transport des Neurotransmitters in die Zelle ermöglicht. Falls das Glückshormon zu schnell eliminiert wird, steigt Forschungen zufolge das Risiko einer SAD-Erkrankung.
Zum Nachweis dieser These wurde eine Personengruppe untersucht, welche die Gene für eine saisonal affektive Störung in sich tragen, jedoch bisher nicht von der Erkrankung betroffen waren. Es stellte sich heraus, dass einige Menschen in den Wintermonaten weniger Serotoninrezeptoren aufweisen. Serotoninrezeptoren finden sich im peripheren Nervensystem und im Zentralnervensystem und regulieren eine Vielzahl neuronaler Prozesse wie die Stimmung. Die Folge war, dass diese Personen aufgrund der geringeren Anzahl der Rezeptoren, mehr Glückshormone besaßen, als die anderen Probanden und damit resistent gegen Depressionen waren.
Behandlung
Viele Menschen leiden im Winter unter dem sogenannten Winterblues, einige unter einer Winterdepression. Bereits mit kleineren Veränderungen des Lebensstils können die Verstimmung und die Depression positiv beeinflusst werden:
1. möglichst viel Zeit im Freien verbringen,- bestenfalls um die Mittagszeit
2. geregelter Tag-Nacht-Rhythmus
3. ausreichend, gesunder Schlaf
4. keine Bildschirmzeit am Abend
5. regelmäßige Bewegung
6. gesunde Ernährung
Im Winter kann mithilfe von regelmäßigem Ausdauertraining im Freien die Produktion des Glückshormons Serotonin angeregt werden. Das wirkt bei vielen Patienten besser gegen depressive Erkrankungen als Antidepressiva. Lange Spaziergänge, Radfahren,
Joggen, Walken, Langlaufen oder Skifahren eignen sich hervorragend, um die Stimmung dauerhaft zu heben.
Eine wichtige Therapiemöglichkeit für SAD-Patienten ist die Lichttherapie, bei der etwa ein bis zwei Stunden pro Tag vor einer Tageslichtlampe mit etwa 2.500 Lux gesessen wird. Bei einer Lichtquelle von 10.000 Lux sind bereits 30 minütige Therapiesitzungen ausreichend.
Der Erfolg ist bei einer Anwendung am Morgen wesentlich höher als am Abend, da zu dieser Zeit die innere Uhr am ehesten auf den bevorstehenden Tag ausgerichtet werden kann. Der Grund ist darin zu sehen, dass das Lichtspektrum der Therapiegeräte dem Licht in den Morgenstunden nachempfunden wird. Speziell der relativ hohe Anteil an Blaulicht ist typisch für die „natürlichen“ Morgenstunden.
Bei schweren Winterdepressionen kann eine medikamentöse Behandlung mit Selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) notwendig werden. Für viele Patienten hat sich auch psychotherapeutische Unterstützung bewährt.
Textquellen: https://ajp.psychiatryonline.org/doi/10.1176/appi.ajp.2018.17111194, https://www.br.de/br-fernsehen/sendungen/gesundheit/kalt-duschen-abhaerten-winter-100.html, https://psylex.de/psychologie-lexikon/gehirn/serotonin.html, http://www.lichttherapie-ratgeber.de/einsatzbereiche/winterdepression/allgemeine-hinweise-zur-anwendung-eines-lichttherapiegeraetes
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