- Die Zeitumstellung strapaziert den menschlichen Biorhythmus.
- Schichtarbeit gefährdet die Gesundheit und das Sozialleben.
- Krankenpfleger leiden häufig unter Schlafmangel.
- Ein neues System könnte Pflegepersonal und Patienten schützen.
Diesen Sonntag tritt die Sommerzeit wieder in Kraft, die Uhr wird um eine Stunde vorgestellt. Obwohl im März 2019 mit einem Votum des EU-Parlaments die Abschaffung dieser Zeitumstellung per 2021 beschlossen wurde, steht eine konkrete und einheitliche Umsetzung bisweilen noch nicht fest. Für Menschen, die in Schichtarbeit tätig sind, wird das Spiel mit ihrem Biorhythmus somit noch kein Ende finden.
Die Verschiebung der inneren Uhr stellt für den menschlichen Organismus eine große Belastung dar. Viele Menschen erleben dies beruflich bedingt ständig, da ihre Arbeit im Schichtdienst stattfindet. Die Auswirkungen können gerade in der Pflege-Branche doppelt verheerend sein: Zum einen wird die Gesundheit der Pfleger selbst negativ beeinträchtigt, zum anderen kann die Arbeit am Patienten darunter leiden.
Ist die Nachtschicht krebserregend?
Auch wenn die konkreten Zusammenhänge sich schwer überprüfen lassen, wurde Nachtschichtarbeit 2007 von der World Health Organization (WHO) als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. In Umfragen bekennen sich beispielsweise auffallend viele Schichtarbeiter zum Rauchen oder zur ungesunden Ernährung, die direkte Verursachung etwaiger Krebserkrankungen lässt sich also nicht eindeutig dem ungünstigen Schlafverhalten zuordnen. Fest steht allerdings, dass viele die Schichtarbeit nach 15 bis 20 Jahren aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen. Sehr verbreitet sind Schlafstörungen, Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder Kopfschmerzen, die allesamt chronisch werden können. Besonders Menschen, die jung in die Schichtarbeit einsteigen, bauen verhältnismäßig früh gesundheitlich ab. Auch das Sozialleben kann durch Schichtarbeit massiv beeinträchtigt werden. Wer nicht wie der Großteil der Gesellschaft den Feierabend und das Wochenende für Unternehmungen mit Familie und Freunden nutzen kann, läuft Gefahr, auf Dauer isoliert zu werden und sogar an Depressionen zu erkranken.
Man gewöhnt sich nicht alles
Dass man sich mit der Zeit an die Nachtarbeit gewöhnt, stimmt so nicht – als Menschen sind wir nach wie vor tagaktiv, unsere nächtlichen Regenerationsprozesse werden vom Tageslicht gesteuert. Fällt dieses weg, hat das Konsequenzen – schließlich hilft das Licht dabei, Serotonin zu bilden, woraus wiederum das schlafregulierende Hormon Melatonin produziert wird. Weiters fällt der Schlaf tagsüber nicht gleich regenerierend aus wie in der Nacht, was die Qualität der Erholung erheblich beeinträchtigt.
Mehr als zwei oder drei Nachtschichten nacheinander sollten es der Gesundheit zuliebe nicht sein, auch wenn dies in der Praxis kaum beachtet wird.
Nach Einschätzung der deutschen Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) sollten Schichtarbeiter keine 40 Stunden in der Woche arbeiten müssen. Ideal wäre ein Entgegenkommen der Unternehmen, indem sie die Schichtarbeit mit Lohnerhöhungen und Personalverstärkung kompensieren. So könnte ein System umgesetzt werden, in welchem ein Angestellter zwei Tage Frühschicht leistet, die folgenden zwei Tage spät arbeitet, daraufhin zwei Tage nachts, und danach vier Tage frei hat. Das entspräche einem Arbeitsausmaß von ungefähr 33,5 Stunden pro Woche.
Krankenpflege leidet unter Schlafmangel
Ein Berufsstand, in dem die Nachtschichtarbeit besonders gang und gäbe ist, ist der Gesundheits- und Krankenpfleger. Als Bindeglied zwischen Patient und Arzt sind sie nicht nur aufgrund ihrer medizinischen Expertise gefragt, sondern auch in ihrer Funktion als direkter Ansprechpartner des betreuten Patienten. Kürzlich ergab eine Untersuchung der Fakultät für Krankenpflege der New York University, dass PflegerInnen vor einem Arbeitstag durchschnittlich etwas weniger als sieben Stunden schlafen, vor freien Tagen jeweils etwa 8 Stunden und 20 Minuten, also fast anderthalb Stunden mehr. Andere Untersuchungen stellten an Tagen, an denen die PflegerInnen wenig geschlafen hatten, eine Verringerung der Pflegequalität und der Sicherheit des Patienten fest. Wer ausgeschlafen ist, ist eher davor gefeit, bei der Medikamentenausgabe Fehler zu machen und unter Stress Aufgaben nicht korrekt zu verrichten. So zeigen Untersuchungen z.B. auch, dass Testpersonen, die während der Erledigung einer komplexen Reihe an Aufgaben unterbrochen wurden, ihre Fehlerquote von 15 % auf 30 % verdoppelten, wenn ihnen in der Nacht zuvor der Schlaf entzogen wurde.
Umdenken zum Schutz der Angestellten
Um die Gesundheit der in Schichtarbeit tätigen Angestellten zu schützen, bräuchte es wohl ein konsequentes Umdenken der Industrie und des Gesundheitswesens. Eigentlich wäre bei chronischem Schlafentzug nämlich mehr als eine Nacht des Ausschlafens nötig, um wieder zur grundlegenden Funktionsfähigkeit gelangen zu können. In der Realität ist dies gegenwärtig aber kaum möglich, da 12-Stunden-Schichten häufig aufeinander folgen, und zwischen den Schichten meist nur ein oder zwei Tage Erholung geboten werden.
Dabei ist es wohl gerade im Gesundheitswesen im Interesse aller, dass die Fachkräfte gut erholt sind, um ihre Tätigkeit verlässlich und bei vollständiger Erhaltung ihrer Kompetenz und der Patientensicherheit ausüben zu können.
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