So wie die biologischen Prozesse des menschlichen Körpers sich kontinuierlich wandeln, so geschieht es auch mit dem Schlaf. Von der Wiege bis ins Seniorenalter modifizieren sich Schlafarchitektur und -dauer, was in Kombination mit den neuen Lebensumständen erhebliche Schlafstörungen verursachen kann. Doch schlechter Schlaf muss auch im Seniorenalter nicht sein.
Das Seniorenalter dank gesundem Schlaf genießen
Hohes Alter bringt einige Schwierigkeiten mit sich: Körperliche Kräfte lassen nach, das soziale Netzwerk verändert sich, und an die neue Identität als Senior muss man sich auch erst einmal gewöhnen. Natürlich ist das Leben mit 60+ aber noch lange nicht vorbei. Im Gegenteil: Viele entwickeln im Laufe ihres Lebens eine zunehmend starke Selbstsicherheit, lernen dem Bauchgefühl zu vertrauen, und verfolgen ihre eigene Wünsche und Ziele, ohne sich dabei beirren zu lassen. Der Ruhestand bietet zudem die nötige Freizeit, lange aufgeschobene Vorhaben zu verfolgen und Interessen und Hobbies aktiv zu vertiefen.
Das Seniorenalter will in vollen Zügen genossen und als ganz besondere Lebensphase ausgekostet werden. Um das tun zu können, bedarf es der vollen Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Vitalität – und das geht nur mit gesundem Schlaf. Genau dieser erfährt aber im Alter Veränderungen, die gewisse Anpassungen verlangen.
Brauchen ältere Menschen weniger Schlaf?
Recht hartnäckig hält sich der Mythos, alte Menschen würden weniger Schlaf brauchen. Diese Behauptung lässt sich bis heute nicht wissenschaftlich bestätigen. Wahr ist jedoch, dass der Aufbau des Schlafs sich verändert. So verringern sich im Alter die Tiefschlafphasen, denn ein größerer Anteil der Nacht wird im Leichtschlaf verbracht. Daraus ergeben sich zwei entscheidende Nachteile: Erstens wachen ältere Menschen leichter ungewollt auf, zweitens kann die körperliche Regeneration nicht optimal stattfinden.
In jüngeren Jahren ist es völlig normal, pro Nacht etwa fünf Mal aufzuwachen, ab dem 60. Lebensjahr können sich diese Weckreaktionen auf ganze 150 Mal erhöhen. Auch wenn man dabei zumeist nicht bewusst wach wird, ist man am Tag darauf nicht gut erholt. Die daraus folgende Tagesmüdigkeit dämpft sowohl die Laune als auch die Motivation zur Aktivität, was neben der Psyche auch der Schlafqualität schadet.
Ein Nickerchen in Ehren
Für viele Senioren gehört das tägliche Mittagsschläfchen einfach dazu. Dagegen ist an sich auch nichts einzuwenden, bringt der Power Nap doch jeder Altersgruppe viele Vorteile. Allerdings eignet er sich nicht dazu, den nächtlichen Schlafverlust zu kompensieren. Im Gegenteil: Zu lange, zu häufige oder zu spät abgehaltene Nickerchen können das nächtliche Ein- und Durchschlafen nochmals erschweren.
Um den inneren Rhythmus nicht zu stören, sollte ein Power Nap am besten vor 14:30 abgehalten werden, und nicht länger als 20 Minuten andauern. Das Timing des Mittagsschlafs fällt mehr ins Gewicht, weil die biologische Uhr mit den Jahren etwas vorgeht. Soll heißen, Senioren zieht es abends oft früher ins Bett. Ein Zubettgehen um 20-21 Uhr ist bei betagten Personen keine Seltenheit. Nach einer durchschnittlichen Schlafdauer von 7-8 Stunden wachen sie demnach sehr früh auf, das Wiedereinschlafen fällt schwer.
Schlafstörung als unerwünschte Nebenwirkung
Ein weiterer Faktor, der den Schlaf im Alter beeinträchtigt, ist die generelle Gesundheit. Leider nimmt die Anfälligkeit für etwaige Gebrechen im Laufe der Zeit zu, wodurch Schmerzen den Schlaf stören können. Weiters können Medikamente, z.B. zur Senkung des Blutdrucks, die Schlafqualität beeinflussen.
Das muss nicht einfach hingenommen werden: Sprechen Sie das Thema mit Ihrem zuständigen Arzt an. Eventuell lässt sich ein alternatives Arzneimittel finden, das Ihre Gesundheit nicht in Gefahr bringt, ohne Ihnen den Schlaf zu rauben. Vorsicht aber vor Schlafmitteln: Die vermeintlich einfachste Lösung birgt weitere Probleme in sich: Sie können die fragilen Schlafphasen stören und abhängig machen.
Depression im Alter
Nicht zu unterschätzen sind die psychischen Nebenwirkungen, die mit einem langen Leben einhergehen können. Die ungewohnte Beschäftigungslosigkeit des Ruhestands, eventuelle körperliche Leiden oder auch der Verlust des Lebenspartners, macht viele Menschen depressiv. Dies kann sich schleichend, zunächst kaum auffallend anbahnen. Bemerkbar macht die Depression sich dann u.a. durch Symptome wie Appetitlosigkeit, verringertem Antrieb oder eben Schlafstörungen.
Auch hier ist eine Abklärung durch den Arzt dringend notwendig, oder Sie sprechen zuerst mit einer Vertrauensperson Ihrer Wahl darüber.
Gesunde Routine macht das Leben lebenswert
Auch wenn theoretisch der ganze Tag frei von Terminen ist, regelmäßige Weck- und Bettzeiten sind wichtig. Je weniger Sie an einer Zeitstruktur festhalten, umso mehr leidet die Motivation zur Aktivität. Sie laufen Gefahr, zu lange im Bett zu liegen, zu viele Nickerchen zu halten, die Zeitwahrnehmung zu verlieren, und darüber hinaus depressive Verstimmungen zu verstärken.
Planen Sie Besuche bei oder von lieben Bekannten ein, engagieren Sie sich in einem Verein, werden Sie – wenn möglich – ehrenamtlich aktiv. Verpflichtungen dieser Art bringen Lebensfreude, bestätigen die eigenen Kompetenzen und helfen auch noch dabei, Ihren Schlaf-Wach-Rhythmus zu regulieren.
Sehr begrüßenswert ist tägliche Bewegung, am besten an der frischen Luft. Wenn Sie jeden Tag ein bisschen Sonnenlicht tanken, kann sich Melatonin bilden – durch die Produktion des Schlafhormons schlafen Sie abends besser.
Beste Schlafbedingungen und Rituale
Achten Sie bei Ihrem Schlafzimmer darauf, es wirklich nur für den Schlaf und für die Liebe zu nutzen. Sorgen Sie außerdem für ausreichend Verdunkelung und Ruhe, um den im Alter ohnehin leichteren Schlaf nicht zu stören. Lüften Sie das Zimmer regelmäßig: Bei einer Raumtemperatur zwischen 18 und 20 Grad schlafen Sie am besten.
Und nicht zuletzt: Tun Sie sich etwas Gutes! Suchen Sie sich als allabendliches Ritual etwas aus, das Ihnen persönlich am meisten zusagt und Entspannung bringt. Wie wäre es mit einem warmen Vollbad, einer guten Lektüre, einem Spaziergang in der Nachbarschaft oder mit Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation?
Je gelöster und entspannter Sie sind, umso sorgenfreier können Sie ins Bett gehen und den erholsamen Schlaf genießen.
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